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26.09.2018

19:17

Photokina-Auftakt

Der hessische Kamerahersteller Leica nimmt es mit lauter Japanern auf

Von: Julian Olk

Die Kamerabranche wird von japanischen Konzernen dominiert. Allein das traditionsreiche deutsche Unternehmen Leica wagt den Wettkampf – mit Erfolg.

Leica nimmt es mit lauter Japanern auf dpa

Leica

Das Unternehmen entstand 1986 aus der Ernst Leitz Wetzlar GmbH, dem Nachfolgeunternehmen des von Carl Kellner 1849 in Wetzlar gegründeten Optischen Instituts.

Düsseldorf, Wetzlar Das mittelhessische Wetzlar ist so etwas wie das „gallische Dorf“ der Kamerabranche, das den japanischen Riesenkonzernen unbeugsam Widerstand leistet. Sony, Nikon und Canon wie auch ihre kleineren Wettbewerber Fujifilm, Olympus und Panasonic kommen allesamt aus dem Land der aufgehenden Sonne.

Doch in Wetzlar firmiert der einzig namhafte Kamerahersteller aus einem anderen Land: Das deutsche Traditionsunternehmen Leica. 1849 gegründet, bewohnt Leica seit Juni eine beeindruckende neue Zentrale. 1200 Menschen arbeiten nun in Wetzlar. Insgesamt wurden 165 Millionen Euro investiert.

Leica kann es sich leisten. Gegen den Branchentrend verdreifachte das Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren seinen Konzernumsatz nahezu. Die japanischen Branchenriesen hingegen leiden nachhaltig unter der Smartphone-Revolution, die die Nachfrage nach Digitalkameras stark eingedämmt hat.

Leica hingegen hat das Smartphone als Gefahr für das eigene Geschäftsmodell früh erkannt. Der Smartphone-Markt sei „der dynamischste und am stärksten wachsende“ Markt im Bereich Unterhaltungselektronik, sagte der Leica-Vorstandsvorsitzende, Matthias Harsch, dem Handelsblatt.

Harsch ist sich sicher: Wenn die etablierten Player ihre Geschäftsmodelle nicht anpassten, werde die Konsolidierung der Branche weitergehen. So ist es auch wenig überraschend, dass die Japaner näheren Kontakt zu Leica suchen: Als erster Traditionshersteller strebt das hessische Unternehmen mit Panasonic und Sigma eine markenübergreifende Objektivallianz an, wie die Konzerne kurz vor dem Start der diesjährigen Photokina bekannt gaben.

Der Leica-Aufsichtsratsvorsitzende Kaufmann (m.), Sigma-CEO Kazuto Yamaki (l.) und dessen Pendant von Panasonic, Jonichiro Kitagawa, geben ihre Kooperation bekannt. Reuters

Objektivallianz

Der Leica-Aufsichtsratsvorsitzende Kaufmann (m.), Sigma-CEO Kazuto Yamaki (l.) und dessen Pendant von Panasonic, Jonichiro Kitagawa, geben ihre Kooperation bekannt.

Für Käufer sind das gute Nachrichten, denn sie können durch den gemeinsamen Anschluss in Zukunft auf eine größere Auswahl an Kameras und Objektiven zurückgreifen. Das sei eine Win-Win-Win-Situation, betonte Sigma-Chef Kazuto Yamaki: „Eine strategische Partnerschaft ist hier sicherlich zielführender als ein Alleingang.“ Panasonic und Leica verbindet bereits eine 17-jährige Zusammenarbeit im Bereich Kompaktkameras.

Der Porsche unter den Kameras

Leica selbst wagt sich anders als die Konkurrenz erst gar nicht in den Wettbewerb mit dem Smartphone, sondern hat sich eine funktionierende Nische gesucht. Der hessische Hersteller baut zwar nach wie vor Kompaktkameras oder Spiegelreflexkameras, deren Nachfrage insgesamt rasant sinkt.

Doch die aufkommende Mode spiegelloser Systemkameras erkannte Leica vergleichsweise schnell und stellte bereits 2008 eine erste Spiegellose vor. 2015 brachte das Unternehmen seine erste technisch hochwertige Vollformat-Version ohne Spiegel heraus. „Der Trend wird sich weiter weg von der Spiegelreflexkamera in Richtung spiegellose Systemkamera bewegen“, sagte Aufsichtsratschef Andreas Kaufmann dem Handelsblatt.

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Was Leica dabei besonders nutzt, ist sein Image. Bis in die Fünfzigerjahre war das Unternehmen technisch noch das Non-Plus-Ultra der gesamten Branche, der Porsche unter den Kameras. Dieses Bild will Leica auch heute wieder vermitteln, mit technisch hochwertigen – und im Vergleich durchaus teuren – Systemen.

Denn dahin geht der Trend: In Deutschland hat sich der Durchschnittspreis von Digitalkameras in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Leica befinde sich nun „genau dort, wo der Fotomarkt als Reaktion aufs Smartphone hintendiert: am oberen Ende der Preis- und Technikskala“, lobt Frank Späth, Chefredakteur des Fachmagazins „Photographie“. Noch vor einigen Jahren hätte das dem Unternehmen wohl niemand zugetraut.

Denn die Hessen hatten lange ein Grundproblem: Einst internationale Spitze, wurde die deutsche Kameratechnik in den Nullerjahren von der japanischen Konkurrenz abgehängt. Den Übergang zur digitalen Fotografie verpasste Leica vollends. Noch 2004 sagte der damalige Vorstandschef Hanns-Peter Cohn, das Digitale sei „nur ein Intermezzo“. Er war dann nicht mehr lange Chef, Leica dafür quasi pleite.

Investor Andreas Kaufmann wollte das vermeiden. Er hatte 2004 zunächst 27 Prozent der kriselnden Leica Camera AG übernommen und war 2005 Aufsichtsratsvorsitzender geworden. 2006 wurde der Milliarden-Erbe dann mit 96,5 Prozent der Aktien Mehrheitseigentümer. Um in der digitalen Welt wieder Anschluss zu erhalten, wurde unter Kaufmann massiv investiert.

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Auch das Smartphone selbst hat man bei Leica als Absatz- und Marketingmöglichkeit entdeckt. Seit 2016 kooperiert der Hersteller mit dem chinesischen Mobiltelefonbauer Huawei. Inwieweit beide in der Entwicklung zusammenarbeiten, ist umstritten. Öffentlichkeitswirksam ist das Ganze aber allemal: Neben der Linse von Huaweis Pro-Serie-Telefonen prangt mittlerweile der Markenname des Objektivherstellers, Leica.

Auch gab es Gerüchte darüber, dass unter Kaufmann ein eigenes Leica-Phone entstehen könnte. Dieser sagt dazu nur: „Es gibt Dinge, über die sprechen wir nicht.“

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