Nach 35 Jahren im Konzern und fünf Jahre an der Spitze will der Top-Manager in Rente gehen. Ein Grund dafür könnte der Einstieg eines aktivistischen Investors sein.
Alan Jope
Insgesamt arbeitete der Manager bei Unilever nach eigenen Angaben mehr als 35 Jahre lang.
Bild: AP
Düsseldorf Der britische Konsumgüterkonzern Unilever muss sich einen neuen Chef suchen. Der bisherige Vorstandsvorsitzende Alan Jope will seinen Posten Ende 2023 räumen und das Unternehmen verlassen. Das teilte der Konzern, dessen Markenpalette mit Lebensmitteln (Knorr, Pfanni, Langnese), Kosmetik (Axe, Dove, Rexona) und Reinigungsmitteln (Coral, Domestos, Cif) das gesamte Spektrum im Konsumgütermarkt abdeckt, am Montag mit.
„Ich denke, jetzt ist die richtige Zeit, um die formale Suche nach meinem Nachfolger zu starten“, sagte Jope, der seit 35 Jahren für Unilever arbeitet. Ende 2023 wird er dann fünf Jahre an der Konzernspitze gestanden haben.
In seiner Amtszeit hat sich der Aktienkurs von Unilever schlechter entwickelt als der von Konkurrenten wie Beiersdorf (Nivea) oder Procter & Gamble (Ariel, Pampers, Gillette). Auf die Nachricht reagierten die Märkte positiv: Die Aktien verteuerten sich in London zwischenzeitlich um bis zu vier Prozent.
Für Hermann Soggeberg, Vorsitzender des deutschen und europäischen Betriebsrats von Unilever, kam die Ankündigung „zum jetzigen Zeitpunkt völlig überraschend“, wie er dem Handelsblatt sagte. Seines Wissens habe es derzeit intern keinen Druck gegeben, dass Jope das Unternehmen verlassen müsse.
Zu Jahresbeginn waren die Rücktrittsforderungen noch lauter gewesen. Jope hatte versucht, für rund 50 Milliarden Pfund (etwa 60 Milliarden Euro) die Konsumgütersparte des Pharmariesen Glaxo-Smithkline (GSK) zu übernehmen, die für die Zahnpasta Sensodyne oder die Schmerzsalbe Voltaren bekannt ist.
Doch der Versuch scheiterte. GSK wies das Angebot als zu niedrig zurück, Fondsmanager bezeichneten den Versuch gar als „Nahtoderfahrung“. Sie begründeten ihre Kritik etwa damit, dass GSK vor allem medizinische Produkte anbiete, die andere regulatorische Hürden mit sich brächten als das Unilever-Portfolio.
Mit dem Megadeal hatte Jope seinen Befreiungsschlag versucht. Denn der Umsatz des Konzerns stagniert seit Jahren. Seine Reputation habe nach der geplatzten Übernahme gelitten, kommentierte Analyst Martin Deboo von der Investmentbank Jefferies.
Intern sei dies nicht der Fall gewesen, so Betriebsrat Soggeberg. „Jope wurde von den Mitarbeitern geschätzt und gilt als sehr nahbar.“ So habe der Top-Manager während der Pandemie alle zwei Wochen einen Call gemacht, um über neue Entwicklungen zu berichten.
Die Ankündigung Jopes, bald in Rente zu gehen, dürfte nach Ansicht von Beobachtern auch mit dem Einstieg des aktivistischen Finanzinvestors Nelson Peltz bei Unilever zusammenhängen. Sein New Yorker Hedgefonds Trian Partners hält mittlerweile nicht nur rund 1,5 Prozent der Unilever-Aktien, der 79-Jährige sitzt seit Juli auch im Verwaltungsrat.
Unilever-Hauptsitz
Der britische Konsumgüterkonzern muss sich einen neuen Chef suchen.
Bild: Bloomberg
Aktivistische Investoren wie Peltz steigen gern bei Firmen ein, die Probleme haben, und drängen auf Veränderungen. So hat Peltz etwa Procter & Gamble dabei geholfen, Struktur und Markenvielfalt zu vereinfachen; er steigerte Umsätze, und in der Folge ging auch der Aktienkurs nach oben. Womöglich wollte Jope mit seinem Rückzug dem Druck von Peltz ausweichen.
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„Jope hat versucht, alle möglichen Perspektiven in sein Handeln miteinzubeziehen“, beschreibt Mitarbeitervertreter Soggeberg den 59-jährigen Unilever-Chef. „Er war klar in seinen Botschaften, auch wenn sie nicht jedem gefallen haben.“ Jope wollte vor allem das Wachstum vorantreiben, während seine Vorgänger eher auf steigende Margen gesetzt hatten.
So sagte Jope am Montag: „Wachstum bleibt unsere Top-Priorität.“ In den kommenden Quartalen wolle er weiter seine Strategie umsetzen. Zuletzt hatte Jope den Konzern umgebaut und aus drei Geschäftsbereichen fünf gemacht. Damit könne man schneller auf neue Trends reagieren, so die Hoffnung. Der Top-Manager will stärker auf die Bereiche Gesundheit, Schönheit und Hygiene setzen, weil sie ein höheres und nachhaltigeres Wachstum versprechen.
Der Umbau wurde im Sommer weitgehend abgeschlossen. Im Zuge dessen sollen weltweit 1500 Stellen gestrichen werden, vor allem im oberen Management. Hierzulande „hält sich der Jobabbau glücklicherweise stark in Grenzen“, so Betriebsrat Soggeberg. Deutlich weniger als 20 Mitarbeiter in Deutschland müssten gehen, in Europa seien es wenige Hundert. Viele Kollegen müssten sich allerdings auf neue Aufgaben einstellen. Unilever betreibt hierzulande neben der Hauptverwaltung in Hamburg fünf Produktionsstandorte mit mehr als 3000 Beschäftigten
Wie alle Konsumgüterkonzerne kämpft auch Unilever mit stark steigenden Kosten für Rohstoffe und Logistik, was die Marge belastet. Wegen weitergegebener Kosten konnte der Konzern seinen Umsatz im ersten Halbjahr allerdings stärker steigern als vom Markt erwartet.
Ein Nachfolger für Jope steht bislang noch nicht fest. Unilever will in den eigenen Reihen, aber auch extern suchen. Damit fahndet der Konzern zur selben Zeit wie sein britischer Konkurrent Reckitt Benckiser (Sagrotan, Durex) nach einem CEO. Dort war zuletzt Laxman Narasimhan zurückgetreten.
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