Umsätze sinken, dringende IT- und Digitalisierungsprojekte werden verschoben: Fehlende Arbeitskräfte haben für Mittelständler zunehmend negative Folgen. Die unbesetzten Stellen gehen zu Lasten der Stammbelegschaft.
Fachkräftemangel
Drei Viertel der großen Mittelständler leiden darunter, ergab die Befragung.
Bild: dpa
Düsseldorf Stefan Zeidler schlägt Alarm: „Einigen Unternehmen fehlen schon heute die Spezialisten, um die Erweiterungsinvestitionen und Zukunftsprojekte im Rahmen einer Digitalisierungsoffensive - Schlagwort Industrie 4.0 - vorantreiben zu können“, sagt der Firmenkundenvorstand der DZ Bank. „Damit gefährdet der Fachkräftemangel die künftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“, meint Zeidler.
Die Ergebnisse einer aktuellen GfK-Studie im Auftrag der DZ Bank geben Anlass zur Sorge: Zwar ist die Investitionsbereitschaft so hoch wie lange nicht. Mehr als ein Drittel der 800 befragten mittelständischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 500.000 Euro und 125 Millionen Euro will in den nächsten drei Jahren die Investitionen erhöhen. Doch ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitern ist bereits für 61 Prozent der Firmen ein zentrales Investitionshindernis. Damit ist der Fachkräftemangel mittlerweile die größte Hürde bei Investitionsvorhaben.
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„Fast die Hälfte der vom Fachkräftemangel betroffenen Unternehmen musste bereits auf Umsatz verzichten. Für 60 Prozent der Betroffenen war zumindest die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt“, heißt es in der Studie. Und rund ein Sechstel der Firmen, die den Engpass spüren, kann aufgrund des Fachkräftemangels bereits wichtige IT- und Digitalisierungsprojekte nicht realisieren. Die großen Mittelständler leiden dabei stärker als kleinere Firmen.
Die unbesetzten Stellen gehen zu Lasten der Stammbelegschaft: Drei Viertel der Unternehmen geben an, dass die Mitarbeiter Mehrarbeit leisten, um den Arbeitskräftemangel zu kompensieren. Gleichwohl nehmen die Mittelständler das größer werdende Problem Fachkräftemangel nicht tatenlos hin. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen wollen verstärkt in Rekrutierung sowie in die Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter investieren.
Aber auch Investitionen in Digitalisierung und Software sowie in Maschinen und Ausrüstung stehen für deutsche Mittelständler mit jeweils rund 70 Prozent der Antworten weit oben auf der Handlungsliste. Bei der Rekrutierung der so begehrten IT-Experten stoßen Deutschlands Mittelständler vermehrt auf ein Problem: Die Preise für die gesuchten Spezialisten schießen in die Höhe.
Drei Viertel der großen Mittelständler leiden darunter, ergab die Befragung. Auch jedes zweite kleinere Unternehmen gab an, bei den geforderten Löhnen nicht mehr mithalten zu können. Dieser Befund deckt sich mit den Erfahrungen der Firmenkundenbetreuer der DZ Bank: Große Unternehmen sind oft in den Metropolregionen ansässig und stehen in Konkurrenz zu Konzernen mit höherem Gehaltsniveau. Im Zweifel heißt es aber: Zahlen. 55 Prozent aller Mittelständler sind bereit, tiefer in die Taschen zu greifen, um Mitarbeiter zu gewinnen. Auch Zusatzanreize neben dem Gehalt wie ein modernes Firmenimage, Kooperationen mit Schulen, Berufsschulen oder Universitäten sowie eine verstärkte Familienfreundlichkeit sind laut der Studie Maßnahmen, mit denen der Mittelstand dem Personalengpass begegnen will.
Für Firmenkundenvorstand Zeidler sind das richtige Ansätze. Doch er fordert Hilfe durch die Politik: „Die mittelständischen Unternehmen warten bislang vergeblich darauf, dass eine zielgerichtete Zuwanderungspolitik oder Bildungsinvestitionen der öffentlichen Hand die Situation verbessern.“ Zugleich ruft er die Mittelständler zu noch mehr Engagement auf: „Die Firmen sollten eigene Strukturen schaffen und mit Wettbewerbern kooperieren: etwa beim Aufbau eigener Qualifizierungsstrukturen für Mitarbeiter oder der Etablierung neuer Arbeitsformen.“
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