Die Bundespolizei hatte unter anderem die Sicherheitskontrollen in Düsseldorf aufgestockt. Ein Zusammenbruch wurde verhindert, das Chaos aber nicht.
Warten vor der Sicherheitskontrolle in Düsseldorf
Am ersten Ferienwochenende erwartete der größte Airport in NRW mehr als 200.000 Passagiere.
Bild: IMAGO/Kirchner-Media
Frankfurt, Düsseldorf Warten am Check-in und an der Sicherheit, genervte Passagiere: Der Andrang zu Ferienbeginn in Nordrhein-Westfalen hat am vergangenen Freitag an den Flughäfen erneut für chaotische Zustände gesorgt. Die Bundespolizei hatte zwar die Kapazitäten an den Sicherheitskontrollen aufgestockt; ein zweiter Dienstleister übernahm drei weitere Kontrollspuren. Die Überlastung des Airports verhinderte das allerdings nicht.
Noch bevor die Schulkinder ihre Zeugnisse bekamen, wurde es voll am Flughafen Düsseldorf, vor der Pandemie der drittgrößte deutsche Airport. Schon um 3.15 Uhr in der Nacht hätten die ersten Fluggäste angestanden, berichtet die Gewerkschaft Verdi. Flüge zu touristischen Zielen finden häufig in den Randzeiten statt, also sehr früh oder spät.
Es war nur der Vorgeschmack auf das, was im Laufe des Tages erwartet wurde. Zwar entspannte sich die Situation am frühen Nachmittag etwas. Doch für den späten Nachmittag wurde eine neue Reisendenwelle erwartet. Viele Passagiere waren extra früh zum Airport gekommen. Doch auch das half nicht immer.
„Drei Stunden vor dem Start den Flug zu annullieren ist eine Frechheit“, sagt der Vater einer vierköpfigen Familie. Eigentlich wollte er heute mit seiner Familie in den Urlaub nach Catania auf Sizilien. Doch Eurowings hat den Flug gestrichen. Dabei war die Familie mehr als vier Stunden früher am Flughafen, um genügend Zeit für den Check-in und die Sicherheitskontrolle zu haben.
Viele andere Urlaubs- und Geschäftsreisende hatten es ihnen gleichgetan. Zwei Geschäftsmänner aus Wien haben ihr Meeting absichtlich abgekürzt, um früher am Flughafen zu sein. „Wenn man sich darauf vorbereitet, ist die Situation okay“, sagt einer der Männer. Man müsse schließlich damit rechnen, dass alles länger dauert in Zeiten von Corona, Personalmangel und Urlaubsbeginn.
Die Luftfahrt hat heftig mit „Post-Corona“ zu kämpfen. Überall fehlt Personal. Zum einen haben viele Mitarbeiter in der Pandemie ihre Jobs frustriert aufgegeben. Viele Arbeiten werden eher mäßig bezahlt, etwa das Be- und Entladen der Flugzeuge. Selbst wenn der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufgestockt hatte, reichte es nicht zum Leben. Hinzu kommt die aktuelle Coronawelle, die zu krankheitsbedingten Ausfällen führt.
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Zum anderen ist die Reiselust der Deutschen nach zwei Jahren mit Beschränkungen so groß wie lange nicht. Der Flughafen Düsseldorf rechnet am ersten Ferienwochenende mit 200.000 Passagieren. Erschwerend hinzu kommt: Fluggäste und Kontrollpersonal sind nach der langen Pause etwas aus der Übung. Viele Passagiere beachten die Sicherheitsvorgaben nicht, etwa beim Thema Flüssigkeiten im Handgepäck. Das Personal braucht wiederum zum Teil länger für sonst geübte Handgriffe.
Die Airlines versuchen, das System zu entlasten. So streicht die Lufthansa an den Drehkreuzen Frankfurt und München im Juli und August 2200 Flüge. Zuvor hatte der Konzern bereits 900 Flüge im Juli abgesagt. Und es zeichnet sich ab, dass auch Eurowings, die stark in Düsseldorf vertreten ist, noch weitere Flüge streichen muss. Die Lufthansa-Tochter hatte bereits mehrere Hundert Verbindungen aus dem Programm genommen.
Gleichzeitig hofft die Branche, dass die Politik rasch grünes Licht für den Einsatz von Sicherheitspersonal aus Drittstaaten gibt. Die Bodenverkehrsdienstleister hatten Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgeschlagen, vorübergehend 2000 Kontrolleure aus der Türkei einzusetzen.
Die Idee: Sobald eine entsprechende Ausnahmegenehmigung vorliegt, kann die sogenannte Zuverlässigkeitsprüfung begonnen werden. Sie ist eine Sicherheitsmaßnahme und Voraussetzung für den Einsatz etwa auf dem Rollfeld, wo das Personal freien Zugang zu den Flugzeugen hat. Diese Prüfung soll im besten Fall sechs Wochen dauern. Das bedeutet aber: Diese Notlösung würde erst helfen, wenn die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen schon wieder vorbei sind.
Also heißt es bis dahin: Geduld mitbringen. In einem Bereich der Abflughalle am Düsseldorfer Flughafen will eine Warteschlange überhaupt nicht in Bewegung kommen. Viele der Reisenden nach Antalya sind früh gekommen, um genug Zeit für Check-in und Sicherheitskontrollen zu haben. Doch die Schalter sind noch zu. Noch nimmt kein Personal das Gepäck entgegen.
An anderer Stelle übt man sich in Zuversicht. Vier Stunden vor Abflug nach Mallorca reihen sich zwei Familien für den Check-in ein. Sie hätten über die Medien von dem möglichen Chaos erfahren und darum genug Zeit eingeplant. „Das klappt alles sicher wunderbar“, sagt eine der Mütter.
Die Familie, deren Flug nach Catania abgesagt wurde, hat die gute Laune endgültig verloren. Inzwischen haben sie eine Umbuchung für Montag erhalten. Vor dem Eurowings-Schalter warten sie seit einer Stunde auf ihr Gepäck, das sie am Vormittag eigentlich schon eingecheckt hatten.
„Ich habe jetzt zwei Tage weniger vom Urlaub. Das Ferienhaus ist schon bezahlt. So ein Schwachsinn“, regt sich der Familienvater auf. Die entstandenen Kosten wolle er bei der Airline geltend machen. „Ich wurde eigentlich gewarnt. Mit Eurowings fliege ich nie wieder.“
Erstpublikation: 24.06.22, 17:20 Uhr.
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