Petr Kellner ist im Alter von 56 Jahren bei einem Hubschrauberabsturz verunglückt. Der Chef der Investmentgruppe PPF baute ein milliardenschweres Konglomerat auf.
Petr Kellner
Der erfolgreiche Unternehmer scheute den öffentlichen Auftritt.
Bild: insight media / ddp
Brüssel Der tschechische Milliardär Petr Kellner ist im Alter von 56 Jahren bei einem Hubschrauberabsturz in Alaska ums Leben gekommen. Tschechien verliert damit eine Unternehmerlegende. Ministerpräsident Andrej Babis spricht auf Twitter von einer „unglaublichen Tragödie“.
Der Multimilliardär war nicht nur der reichste Tscheche, sondern auch einer der mächtigsten Unternehmer im Land. Erst im vergangenen Jahr erwarb der öffentlichkeitsscheue Kellner vom US-Telekommunikations- und -Medienkonzern AT&T für mehr als zwei Milliarden Euro die osteuropäische Fernsehgruppe CME mit Sitz in Prag.
Mit der Sendergruppe hatte er an politischem Einfluss zwischen Tschechien und Bulgarien gewonnen. Kellners Vermögen wurde vom US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zuletzt auf annähernd 15 Milliarden Euro geschätzt.
Der begeisterte Skifahrer, von dem es kaum Fotos gibt, kam bereits am Samstag bei einer Helikopter-Skitour nahe dem Knik-Gletscher in Alaska ums Leben. Die Ursache des Unglücks ist noch unklar. Bei dem Absturz des Helikopters in dem US-Bundesstaat starben noch vier weitere Menschen, darunter der Pilot. Die Beisetzung Kellners soll nach Angaben seiner Investmentgruppe PPF im engsten Familienkreis erfolgen.
An Selbstbewusstsein hat es Petr Kellner nie gemangelt: Seine gläserne Konzernzentrale im Prager Stadtteil Vokovice ist ein architektonisches Ausrufezeichen. Doch die blitzblanke Fassade der in den Niederlanden registrierten Holding täuscht: Auf Transparenz und Öffentlichkeit hat Tschechiens reichster Mann nie Wert gelegt.
Nur seine Tochter Anna Kellnerova, Lebensgefährtin seines ebenfalls milliardenschweren Geschäftspartners, des Metro-Großaktionärs Daniel Kretinsky, macht mit ihren sportlichen Erfolgen als Reiterin bisweilen international Schlagzeilen.
Die Hintergründe zu Kellners Helikopter-Skitour in Alaska sind unbekannt. Beim sogenannten Heliskiing werden Wintersportler mit dem Hubschrauber auf einen Gipfel befördert. Von dort erfolgt dann die Abfahrt durch unberührten tiefen Pulverschnee. Doch das Skifahren weit abseits der Pisten gilt nicht nur als teuer, sondern auch als riskant.
Nach Protesten von Umweltschützern wurde die Aktivität in weiten Teilen der europäischen Alpen wegen der Lärmbelästigung verboten. Der Wintersport ist in Tschechien derzeit stark eingeschränkt, da sich das Land wegen hoher Corona-Infektionszahlen bereits seit Wochen im Lockdown befindet.
Der am 20. Mai 1964 im nordböhmischen Ceska Lipa geborene Kellner wuchs in Liberec südlich von Görlitz auf. Er studierte an der Wirtschaftsuniversität Prag. Drei Jahre nach seiner Promotion fiel der Eiserne Vorhang. In Wildwestmanier privatisierte die Regierung die einstige Kommandowirtschaft.
1991 wurde Kellner zum Mitbegründer des „Ersten Privatisierungsfonds“, des Prvni Privatizacni Fond – kurz PPF. Das Fundament für seinen Aufstieg legte er mit der Privatisierung der Versicherungsgesellschaft Ceska Pojistovna sowie dem Joint Venture mit der italienischen Generali. Unter dem Dach seines Mischkonzerns PPF in Prag sind höchst unterschiedliche Unternehmen mit einem Gesamtwert von 44 Milliarden Euro aus 25 Ländern versammelt – von Deutschland über den Balkan und Russland bis nach China.
Das Portfolio reicht vom Kreditunternehmen Home Credit über den Onlinehändler Mail.cz bis zum Biotechunternehmen Sotio. In Deutschland hatte Kellner mit seinem Partner Kretinsky über seine tschechische Energieholding EPH das ostdeutsche Braunkohlegeschäft des schwedischen Stromkonzerns Vattenfall in der Lausitz übernommen. Außerdem hatte Kellner in Gewerbeimmobilien in deutschen Großstädten wie Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt investiert.
PPF hat 2018 das Unternehmen Skoda Transportation gekauft, das Straßenbahnen, Lokomotiven, U-Bahn-Wagen und Elektrobusse herstellt. Vor sieben Jahren erwarb Kellner von der spanischen Telefónica die Mehrheit an deren Mobilfunktochter O2 in Tschechien und der Slowakei.
Für die eigenen Geschäfte suchte Kellner stets die Nähe zur politischen Macht. Bei Bedarf nahm er sogar den tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman in seinem Privatjet auf eine gemeinsame Chinareise mit. Zeman beteuerte nach dem Bekanntwerden des Unglückstodes seine große Wertschätzung für Kellner.
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