Airbus hat einen Nachfolger für die vakante CFO-Position gefunden. Covestro lässt Thomas Toepfer, der sich auch als Krisenmanager bewährt hat, nur ungern gehen.
Thomas Toepfer
Der Vertrag von Toepfer bei Covestro lief eigentlich noch bis März 2026. Nun geht er vorzeitig.
Bild: Covestro
Düsseldorf, Paris Fünf Jahre Kunststoffe, jetzt die Welt des Flugzeugbaus: Thomas Toepfer, langjähriger Finanzvorstand von Covestro, wechselt in die gleiche Position zu Airbus. Zum 1. September 2023 tritt er dort die Nachfolge von Dominik Asam an, der bereits Anfang März neuer Finanzchef des Softwareherstellers SAP wird.
Der intern hochangesehene Asam hatte seinen Abschied bereits Ende August 2022 angekündigt. Die Suche nach einem dauerhaften Nachfolger zog sich hin, auch weil es als ein ungeschriebenes Gesetz des europäischen Flugzeugbauers gilt, im Vorstand ein deutsch-französisches Gleichgewicht zu wahren.
Neben dem Franzosen Guillaume Faury als Konzernchef sollte nach Asam wieder ein Deutscher die Verantwortung für die Finanzen übernehmen – und Airbus musste erst einmal einen geeigneten Topkandidaten mit dem richtigen Pass finden.
Bis zum Antritt Toepfers muss sich Airbus noch gedulden. Der Kunststoffhersteller Covestro will den erfolgreichen Finanzvorstand nicht sofort ziehen lassen. 2023 wird ein herausforderndes Jahr für den Dax-Konzern: Hohe Energiepreise, teure Rohstoffe und eine unsichere Konjunkturlage setzen der Chemieindustrie zu. Da ist Toepfer intern und in der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt gefordert.
Covestro unterstrich deswegen in der Mitteilung zum Abschied, dass Toepfer bis September in „vollem Umfang und mit unverändert hohem Einsatz“ seine Arbeit fortsetzen werde. Die Zeit braucht der Konzern auch deswegen, weil er noch keinen Nachfolger für das Finanzressort präsentieren kann – die Suche läuft.
In Unternehmenskreisen heißt es, bei Covestro sei „niemand glücklich darüber, dass der CFO geht“. Toepfer habe sich intern wie extern einen sehr guten Ruf erarbeitet, auf den auch Airbus aufmerksam geworden sei. Erst im April 2022 hatte er einen neuen Fünfjahresvertrag bekommen. Bei dem Flugzeugbauer wird von März bis September Xavier Tardy übergangsweise die Finanzen leiten, er ist Finanzchef der Rüstungs- und Raumfahrttochter Airbus Defence & Space.
Airbus-Logo
Der Flugzeugbauer hat einen Nachfolger für den scheidenden Finanzvorstand Dominik Asam gefunden.
Bild: dapd
Für Toepfer geht es im Spätsommer von Leverkusen in die Airbus-Zentrale nach Toulouse – und sicherlich auch öfter an den größten deutschen Standort in Hamburg, wo Toepfer geboren wurde. Es warten ambitionierte Ziele auf ihn: Der Airbus-Gewinn soll in diesem Jahr auf sechs Milliarden Euro gesteigert werden. 2022 lieferte der Konzern unter dem scheidenden Finanzvorstand Asam starke Ergebnisse ab. Der bereinigte Betriebsgewinn legte um rund 16 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zu.
>> Lesen Sie hier: Airbus fährt Produktion später hoch – Umsatz und Gewinn steigen
Als Teil der Führungsriege muss sich der neue Finanzchef aber auch der aktuell größten Herausforderung von Airbus stellen: dem Hochfahren der Flugzeugproduktion nach der Coronapandemie. Wegen Problemen bei den Lieferketten blieb das Unternehmen zuletzt hinter seinen Auslieferungszielen zurück.
Mit Unwägbarkeiten und komplexen Steuerungen kennt sich Toepfer aus. Im April 2018 stieß er zu Covestro und musste lernen, dass der Kunststoffhersteller in hochvolatilen Märkten unterwegs ist. Mit Kunststoffschäumen für Möbel, Autositze und Dämmplatten sowie mit dem transparenten Werkstoff Polycarbonat stehen die Leverkusener zwar an der Weltspitze. Doch je nach Konjunktur- und Wettbewerbslage schießen die Verkaufspreise mal bis unter die Decke, mal in den Keller – und damit auch die Gewinne.
Nur ein halbes Jahr nach Antritt musste Toepfer bei Covestro eine Gewinnwarnung verkünden. Da half ihm, dass er sich am Kapitalmarkt bereits ein gutes Ansehen erworben hatte. Dieses Standing hat der an der renommierten WHU in Vallendar ausgebildete Betriebswirt bis heute ausgebaut, wie es bei Analysten und Investoren heißt.
Die Herausforderungen für den CFO wurden nicht weniger. Von den Lockdowns in China war Covestro mit seinem großen Standort in Shanghai besonders betroffen. Im vorigen Jahr kam dann die bedrohliche Krise durch die hohen Energiepreise hinzu.
Toepfer versteht sich als moderner CFO, als Manager, der nicht allein das Zahlenwerk im Griff hat. Analytische Fähigkeiten sind aus seiner Sicht weiterhin nötig. „Aber der CFO braucht darüber hinaus auch Empathie, um zu erkennen, was die Treiber im Unternehmen sind und wie sie gestärkt werden können“, sagte er einmal im Interview mit dem Handelsblatt.
Wie stark sich ein CFO auch als Stratege sehe, hänge von jedem selbst und vom gesamten Managementteam ab. Bei Covestro hatte der vierfache Vater durchaus eine strategische Rolle: Der Kunststoffhersteller will die fossilen Rohstoffe Öl und Gas aus seinem Geschäft verbannen und auf alternative, nachwachsende oder recycelte Stoffe umstellen.
Dabei sind Toepfers Steuerungsfähigkeiten ebenso gefragt wie seine Expertise im Risikomanagement und in der Lieferkettenanalyse. Als Covestro 2021 sämtliche Einheiten in eine neue Organisation mit zwei Sparten überführte, war der CFO besonders gefordert. „In den vergangenen Jahren hat er mit seinem Team die Finanzstruktur kontinuierlich erweitert und das Finanzvorstandsressort auf allen Ebenen sehr gut aufgestellt“, lobte Covestro-Aufsichtsratschef Richard Pott.
Gestählt haben den Finanzmanager nicht nur die jüngsten Krisen. Toepfer war von 2008 bis 2011 Finanzchef von Karstadt, genau in der Zeit, als der Warenhauskonzern in die Insolvenz schlitterte. 2011 wechselte er zum Wiesbadener Gabelstaplerkonzern Kion, wo er auf ein besser laufendes Geschäft traf. Dort stieg wenig später der chinesische Industriekonzern Weichai Power als Großaktionär ein, 2013 folgte der Börsengang.
Mit komplexen Eigentümerstrukturen wie bei Airbus kennt sich Toepfer also aus. Ein Viertel der Anteile ist in Staatshand (Deutschland, Frankreich, Spanien). Der Rest wird an der Börse gehandelt.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×