Frank Appel soll gleichzeitig die Post führen und daneben die Telekom kontrollieren. Aktionäre und Investoren melden Widerspruch an. Der Bund hält sich bedeckt.
Düsseldorf Die geplante Berufung von Post-Chef Frank Appel zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Telekom stößt auf Widerstand. Aktionärsschützer wie Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), kritisieren die Auswahl Appels als „falsches Signal“.
Der Telekom-Aufsichtsrat hatte Appel am Mittwoch für den Posten des Chefkontrolleurs benannt. Der 60-Jährige soll bei der Hauptversammlung im April die Nachfolge von Ulrich Lehner antreten, der aus Altersgründen aus dem Kontrollgremium ausscheidet. Kurz zuvor hatte Appel seinen Vertrag bei der Post noch einmal um sechs Monate bis Mai 2023 verlängert.
Damit würden ausgerechnet die beiden Dax-notierten Staatsbeteiligungen Post und Telekom ab dem kommenden Jahr gegen den Deutschen Corporate Governance Kodex verstoßen. Der rät dringend davon ab, den Vorstandschef eines börsennotierten Konzerns zum Aufsichtsratschef eines anderen zu wählen. Die Überlastung könnte zu einem bedingten Kontrollverlust führen, fürchtet die verantwortliche Regierungskommission.
Deren Vorsitzender Rolf Nonnenmacher nahm den Regelverstoß zur Kenntnis, äußerte sich dazu aber nicht. Das ist auch nicht seine Aufgabe. Laut Paragraph 161 des Aktiengesetzes müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich erklären, ob den Empfehlungen des Kodex entsprochen wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, muss dies begründet werden.
Die Deutsche Post veröffentlichte am Donnerstag prompt auf ihrer Website eine solche Erklärung. In dieser zeigt der Konzern an, dass er im kommenden Jahr nicht den Empfehlungen der Regierungskommission folgen wird. Warum er dies im Fall Appel nicht tun kann, blieb zunächst offen.
Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte, der Konzern werde Ende des Jahres darlegen, warum er „in diesem besonderen Falle eine Abweichung von der Empfehlung des Corporate Governance Kodex für einen überschaubaren Zeitraum für gerechtfertigt hält“. Aus Aufsichtsratskreisen hieß es, man sei mit der Personalie sehr zufrieden, Appel passe „zu 100 Prozent“ auf die Position.
Für die Telekom wäre es nicht das erste Mal, dass ein amtierender Post-Chef der oberste Aufseher des Unternehmens wird. Klaus Zumwinkel führte von 2003 bis zum Jahr 2008 den Aufsichtsrat des Konzerns an und war gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Post.
Deutsche Post
Der Deutsche Corporate Governance Kodex rät dringend davon ab, den Vorstandschef eines börsennotierten Konzerns zum Aufsichtsratschef eines anderen zu wählen.
Bild: imago images / Deutzmann
Unklar ist, warum der Bund als Hauptaktionär der beiden Konzerne diese Rochade plant. An der Telekom hält der Staat insgesamt rund 30 Prozent der Anteile, bei der Post sind es 20,5 Prozent. In den jeweiligen Aufsichtsräten sitzen Staatssekretäre. Und der Corporate Governance Kodex wurde von einer Regierungskommission erstellt. Sie wurde 2001 von der damaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) eingesetzt und ihre Mitglieder werden bis heute vom amtierenden Justizminister ernannt. Vom Justizministerium hieß es auf Anfrage nur: „Hierbei handelt es sich um eine Empfehlung, die grundsätzlich nicht zwingend ist.“
Aktionärsschützer Tüngler vermutet: „Die Personalie offenbart die Not bei der Telekom. Die Nachfolge von Ulrich Lehner als Aufsichtsratsvorsitzender hätte schon vor Jahren geplant werden müssen.“
Dass Frank Appel tatsächlich beide Ämter – wenn auch nur für ein Jahr – parallel ausüben wird, dürfte auf der Hauptversammlung im Frühjahr für Unmut sorgen. Schließlich hatte sich vor Tüngler bereits mit Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka ein einflussreicher Investorenvertreter irritiert gezeigt und erklärt: „Wir stehen der Entscheidung kritisch gegenüber.“
Die geplante Appel-Personalie bei Post und Telekom erinnert zudem an den Fall von Dieter Zetsche, der seinerzeit neben seinem CEO-Posten bei Daimler auch noch den Aufsichtsrat von Tui leiten wollte. Dies scheiterte im Herbst 2018 an Stimmrechtsberatern aus Großbritannien, sogenannten Proxy Advisors, die in dem Reisekonzern wegen einer Vielzahl britischer Aktionäre großen Einfluss hatten.
Die Argumentation: Solange Zetsche der Vorstandschef von Daimler sei, könne er nicht gleichzeitig den Aufsichtsrat eines großen Unternehmens leiten. Das sei eine zu große Belastung. Am Ende musste Tui einlenken. Zetsche wurde zwar Aufsichtsratschef, aber erst nachdem er als Daimler-CEO abgedankt hatte.
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