Der Konzerngründer denkt groß: Dommermuth greift mit dem 5G-Ausbau die großen deutschen Netzbetreiber an. Das macht ihn zum Digitalisierer des Jahres.
Bild: Illustration von Julius Brauckmann; Dominik Butzmann für Handelsblatt [M]
Ein Name war in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder im Zusammenhang mit der Vergabe der Lizenzen für das neue 5G-Netz zu lesen: Ralph Dommermuth. Er ist Vorstand und größter Aktionär von United Internet mit Sitz in Montabaur. Und er macht sich auf, die großen deutschen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica anzugreifen.
Doch zunächst einen Schritt zurück. Der im Jahr 1963 im Westerwald geborene Dommermuth ist anders als viele andere Vorstände milliardenschwerer Unternehmen ein echter Gründer mit Visionen und mit der Eigenschaft, sich dem immer wieder wechselnden Marktumfeld anzupassen.
Nach einer Ausbildung als Bankkaufmann verkaufte er als freier Mitarbeiter eines lokalen PC-Händlers einen IBM 286er-Computer mit passender Software an Wendelin Abresch. Dem fiel die besondere Beobachtungsgabe Dommermuths sofort auf. Die beiden entschieden sich zusammenzuarbeiten und entwickelten das Konzept der „Software-Börse“: eines Prospekts, in dem kleine Softwareanbieter für ihre Produkte werben konnten, als Beilage in Zeitschriften.
Vor genau 30 Jahren gründeten sie die 1&1 EDV Marketing GmbH. Nachdem die Software-Börse fast zu scheitern drohte und Dommermuth mit dem Gedanken gespielt haben soll, in das Immobiliengeschäft seines Vaters einzusteigen, gelang es doch noch, die Idee zum Erfolg zu machen. Die „Software-Börse“ gewann im Folgejahr sogar den Deutschen Direktmarketing-Preis. Die Verbreitung des Internets und von Suchmaschinen stellte jedoch eine existenzielle Bedrohung dar, und es galt, das Unternehmen neu zu erfinden.
1992 erfolgte die erste Kooperation mit der späteren Deutschen Telekom in der Vermarktung von BTX-Zugängen und später von T-Online-Zugängen. Ab 1996 baute Dommermuth 1&1 dann zum Internet-Service-Provider um. 1998 folgte der Börsengang am Neuen Markt, als erstes deutsches Internetunternehmen. Über die Jahre baute Dommermuth diverse Beteiligungen auf, welche heute alle unter dem Dach von United Internet zusammengefasst sind.
Über den Autoren Eckhard Sauren
Der unabhängige Dachfondsmanager gründete 1991 im Alter von 20 Jahren die Sauren Finanzdienstleistungen und spezialisierte sich auf die personenbezogene Analyse von Fondsmanagern. Heute verwaltet Sauren etwa drei Milliarden Euro für private und institutionelle Kunden.
Bild: © SAUREN Financial Group
Die Geschichte der Firma ist somit eine der fortlaufenden Transformation. Über die gesamte Zeit lenkte Dommermuth die Geschicke des Unternehmens, das sich von einer Ein-Mann-Unternehmung zu einem international tätigen Konzern mit 9000 Mitarbeitern entwickelt hat. Selbst nach dem deutlichen Kursrückgang der Aktien von United Internet im laufenden Jahr wird das Unternehmen nach wie vor mit einer Marktkapitalisierung von mehr als acht Milliarden Euro gehandelt. Dommermuth ist mit einem Anteil von 40 Prozent der größte Einzelaktionär.
Diese fantastische Gründergeschichte, die eigentlich eher ins Silicon Valley als in das beschauliche Montabaur im Westerwald passt, haben dem Selfmade-Milliardär in der Presse die Beinamen des „deutschen Bill Gates“ oder „Mister Internet“ eingebracht.
Investoren beschreiben Dommermuth als den einzigen Unternehmer, der es in Deutschland geschafft habe, ein nachhaltig profitables Internetgeschäft aufzubauen. Er sei ein Visionär, geradlinig und ergebnisorientiert sowie hart in der Sache mit entsprechend deutlichen Ansagen, was für einen Vorstand eines Unternehmens dieser Größe eher unüblich sei.
Norbert Lang, der über 20 Jahre im Konzern tätig war, davon 13 Jahre als Finanzvorstand, beschreibt Dommermuth als den akribischsten, ausdauerndsten und hartnäckigsten Verhandler, den er je begleitet habe. Gründungspartner Abresch sieht Dommermuth als jemanden, der die Gabe habe, Marktveränderungen instinktiv zu spüren und die Bedeutung dieser Veränderungen zu antizipieren. Diesem Gespür ist es vielleicht auch zu verdanken, dass Dommermuth seit dem Jahr 2014 Mitglied des „Steuerkreises Innovationsdialog“ ist, der die Bundeskanzlerin berät.
Das Engagement Dommermuths geht jedoch darüber hinaus. 2006 gründete er die Stiftung „United Internet for Unicef“. Über die Kanäle seines Konzerns wird um Spenden für das Kinderhilfswerk geworben, mehr als 40 Millionen Euro kamen so schon zusammen. 2013 gründete Dommermuth mit Guido Westerwelle die Westerwelle Foundation.
Auch heute gehört Dommermuth noch dem Vorstand der Stiftung an, die sich für die Förderung der internationalen Verständigung sowie für die Stärkung von Demokratie, Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz einsetzt. Die Initiative „Wir zusammen“, die 36 namhafte deutsche Unternehmen im Februar 2016 mit dem Ziel der Integration von Flüchtlingen gründeten, geht ebenfalls auf Dommermuth zurück. Aufgrund seines gesellschaftlichen Engagements erhielt er den Preis „Soziale Marktwirtschaft 2018“ der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Trotz all der Erfolge und Auszeichnungen scheint Dommermuth jedoch nicht müde oder satt zu werden. United Internet entwickelt er konstant weiter, baut es durch strategische Zukäufe weiter aus. So übernahm das Unternehmen 2014 den Glasfaserbetreiber Versatel und damit das zweitgrößte Glasfasernetz in Deutschland mit einer Gesamtlänge von 41.000 Kilometern. Auch wenn Beteiligungen wie die an Tele Columbus sich bislang nicht wirklich ausgezahlt haben, so zeigt es, dass Dommermuth bereit ist, vorteilhafte Gelegenheiten zu nutzen.
Hierbei sollte noch einmal betont sein, dass Dommermuth nicht nur Firmenlenker ist, sondern auch größter Anteilseigner. Anders als manch anderer Vorstand, der auf große Einkaufstour geht, steht Dommermuth mit seinem Vermögen im Risiko. Somit ist eine gewisse Interessengleichheit mit den anderen Aktionären gewahrt.
Der jüngste Vorstoß, sich für eine vierte 5G-Lizenz in Deutschland starkzumachen und in die direkte Konkurrenz mit den anderen Netzanbietern zu gehen, hat im Markt für Furore gesorgt. Auch wenn es vorerst nicht so weit kommt, dass United Internet ein eigenes Netz wird anbieten können, ist es Dommermuth gelungen, die Aufmerksamkeit auf das Unternehmen zu ziehen. Gelegenheiten wie diese zeigen, dass er gewillt ist, groß zu denken.
Ein guter Unternehmer zeichnet sich nicht allein dadurch aus, dass er in der Lage ist, gute Ideen zu entwickeln. Vielmehr wichtig sind die Eigenschaft und der Wille, Ideen auch in die Tat umzusetzen – gegen alle Widerstände und trotz aller eventuell berechtigten Kritik. Hierzu gehört für einen Unternehmer auch, keine Angst davor zu haben, mit den eigenen Ideen zu scheitern, sondern immer weiter daran zu arbeiten, sich und dem Unternehmen Gelegenheiten und Chancen zu eröffnen.
Im richtigen Moment braucht es dann noch das nötige Quäntchen Glück, aber genau diese Momente gilt es, sich zu erarbeiten. All dies hat Ralph Dommermuth ein ums andere Mal geschafft und bewiesen.
Somit wird es ihn mit Sicherheit sehr ärgern, dass es bei dem aktuellen Vergabeverfahren für die 5G-Lizenzen nicht besonders gut für ihn und United Internet aussieht. Aber genau diese Rückschläge gehören zum Unternehmertum dazu. Für den wahren Unternehmer gilt es, sich die nächste Chance zu erarbeiten. Die vergangenen 30 Jahre haben gezeigt, dass Ralph Dommermuth genau so jemand ist.
Lesen Sie in unserem 35-seitigen Dossier „Menschen des Jahres 2018“, wer in diesem Jahr Großes geleistet hat, wer überrascht oder enttäuscht hat.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×