PremiumZuhören, dann eine Lösung finden: So hat es Renjen an die Spitze von Deloitte geschafft – und bald an die Spitze des SAP-Aufsichtsrats. Dem Dax-Konzern dürfte das weiterhelfen.
Punit Renjen
Der Manager hat bei der Beratungsgesellschaft Deloitte gelernt, zuzuhören. Das wird ihm bei SAP helfen.
Bild: Bloomberg
Düsseldorf Bei der Suche nach einem Nachfolger als Chefkontrolleur bei SAP hat sich Hasso Plattner reichlich Zeit gelassen. Seit Jahren fordern Investoren eine verbindliche Aussage, wer den Aufsichtsratsvorsitz des Dax-Konzerns übernehmen wird – der Mitgründer, seit 1972 in verschiedenen Rollen an der Spitze des Softwareherstellers, ist mittlerweile 79 Jahre alt.
Am späten Mittwochabend präsentierte der Softwarehersteller endlich einen Kandidaten: Punit Renjen, bis Ende 2022 Chef des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshauses Deloitte, soll sich zunächst auf der Hauptversammlung im Mai den Aktionären zur Wahl stellen. Nach einer einjährigen Übergangsphase soll er dann die Leitung des Gremiums übernehmen.
Die Personalie, kurzfristig und durchaus mit Glück organisiert, ist ein Coup: SAP hat einen Topmanager von internationalem Format gewonnen. Renjen habe Deloitte „unglaublich nach vorn gebracht“, lobte Plattner seinen designierten Nachfolger im Interview mit dem Handelsblatt. „Es ist schwierig, einen Kandidaten mit so einer Reputation und so einer Kenntnis des Marktes zu finden.“
Wo auf den poltrigen deutschen Technologievordenker ein smarter indisch-amerikanischer Berater folgt, dürfte sich einiges ändern, im Inhalt wie im Stil. „Punit Renjen ist mit seinem Know-how und seiner Reputation ein absoluter Glücksgriff für SAP“, sagt ein Insider, der ihn lange als Chef von Deloitte erlebt hat. „Aber der Konzern muss sich darauf einstellen, dass er einen extrem fordernden Chefaufseher bekommen wird.“
Um in einem Unternehmen aufzusteigen, brauche es „harte Arbeit, Leidenschaft und ein paar glückliche Zufälle“, formulierte Renjen einmal seine Anspruchshaltung. Genau das findet sich in seinem Lebensweg wieder, der ihn von Rohtak im Norden Indiens in das internationale Spitzenmanagement führte.
Die große Chance ergriff er 1984, im Alter von 23 Jahren: Ein Stipendium ermöglichte ihm ein Studium an einer Privatuniversität in Salem, Oregon. Der Student aus Indien saß mit einem Kassettenrekorder in der ersten Reihe, um die Vorlesungen aufzunehmen – auch, um hinterher das amerikanische Englisch der Professoren richtig zu verstehen.
Talent und Fleiß zahlten sich aus, Renjen ergatterte einen Job bei Deloitte. Es war der Beginn einer beeindruckenden Karriere, in deren Verlauf er mehrere Geschäftseinheiten führte. 2015 übernahm er schließlich die Leitung des gesamten Unternehmens. Unter seiner Ägide stieg der Umsatz um gut 70 Prozent auf 59 Milliarden Dollar. Heute ist Deloitte unter den „Big Four“ der großen Beratungsunternehmen die Nummer eins, vor PwC, KPMG und EY.
Punit Renjen bringt einiges mit, was SAP helfen kann. So hat er einen Blick fürs große Ganze entwickelt. Der Manager versteht die globalen Herausforderungen, beispielsweise die Digitalisierung – bei Deloitte richtete er das Beratungsgeschäft stark darauf aus.
Auch international ist er versiert. Bei Deloitte galt er als einer der wenigen Amerikaner, die Europa gut verstehen und ebenso die Realitäten in Asien kennen – vor allem in seinem Geburtsland Indien. Angesichts des SAP-Vorstands, der überwiegend deutsch und weiß besetzt ist, könnte das dem Softwarekonzern helfen.
Was die Einarbeitung erleichtern dürfte: Der Manager kennt SAP. Deloitte ist größter Partner des Softwareherstellers, das Beratungsunternehmen implementiert Produkte bei Kunden, teilweise entwickelt es sie sogar mit – beispielsweise gibt es eine enge Kooperation bei Nachhaltigkeitssoftware. Renjen habe das enge Verhältnis beider Firmen persönlich gestärkt, ist in der Branche zu hören.
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Einige Herausforderungen gibt es allerdings. So kennt der indisch-amerikanische Manager das deutsche Wirtschaftsmodell mit Besonderheiten wie der Mitbestimmung bislang kaum. Und wenn Plattner in den Ruhestand geht, fehlt im Aufsichtsrat ein Visionär für die Technologie.
Der neue Vorsitzende wird vermutlich reagieren, wie er es als Berater gelernt hat: Zuhören, um das Problem zu verstehen, und dann eine Lösung suchen.
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