Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

03.11.2021

11:16

Vordenker 2021

Event-Digitalisierer Arne Schäufele: „Wir haben die Krise als Chance genutzt“

Von: Stefan Merx

Der Connfair-Mitgründer hat mit einem Ampelsystem in der Pandemie Supermärkten bei der Besuchersteuerung geholfen – und das eigene Unternehmen weiterentwickelt.

Binnen sechs Wochen programmierten Schäufele und sein Team eine Software, die Besucherströme beim Einlass in Supermärkte steuert.

Arne Schäufele

Binnen sechs Wochen programmierten Schäufele und sein Team eine Software, die Besucherströme beim Einlass in Supermärkte steuert.

Sein Schlüsselerlebnis hatte Arne Schäufele auf einer Messe in Berlin im Jahr 2016. „Es gab Papiertickets und einen vor sechs Wochen gedruckten Katalog, der kaum noch aktuell war“, erinnert sich der 34-jährige Unternehmer. „Das kann doch nicht wahr sein, wie wenig digital die Prozesse im Bereich solcher Großevents sind.“ Es reifte die Idee, das zu ändern.

Die Marktlücke war erkannt: Eine Software-as-a-Service-Plattform für Veranstaltungsorganisation und Besuchermanagement sollte her. „Schon seit der Schulzeit hat mich Unternehmertum fasziniert“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Im März 2018 sah er den Zeitpunkt gekommen, seinen Berater-Job zu kündigen, um gemeinsam mit seinem Bruder Joel und zwei Freunden zu gründen. Das Unternehmen Connfair in Weiterstadt stand in den Startlöchern – bereit, die Eventbranche mit KI und Digitaltechnik zu optimieren.

In Eigenentwicklung entstand die Software, auch mehrere Pilotkunden wurden gewonnen. Im Zentrum stand der Vertrieb softwarebasierter Lösungen für Veranstaltungen, aber auch Hardware wie mobile Drehkreuze für Messe- und Konzertbetreiber ist im Connfair-Portfolio. Die Besucherinnen und Besucher checken per QR-Code und Mobiltelefon ein. „2019 und zu Beginn des Jahres 2020 waren wir voll in der Skalierungsphase – es lief gut an, doch dann kam der 13. März 2020“, erinnert sich Schäufele. „Von Events war keine Rede mehr, unser Umsatz brach schlagartig komplett weg.“

Schäufele und sein Team nahmen die Herausforderung der Coronakrise an – und erkannten die neue Nachfrage: Binnen sechs Wochen programmierten sie ihr System so um, dass es auch von Supermärkten zur Einlassregelung und Auslastungssteuerung genutzt werden konnte. Marktbetreiber konnten so den Strom der Kundinnen und Kunden digital im Blick behalten. Die Drehkreuze wurden um berührungslose Sensoren und eine Ampelanzeige erweitert. Ein Edeka-Markt war als Pionierkunde an Bord.

Bald zeigte sich zwar, dass viele Supermärkte ganz analog und simpel die Aufgabe der Kundenzählung über abgezählte Einkaufswagen erledigten, aber Connfair war voll im Problemlösermodus – und dachte nach vorne.

Mit dieser flexiblen Macher-Mentalität hat Schäufele die „Vordenker“-Jury überzeugt. Die Initiative des Handelsblatts und der Strategieberatung Boston Consulting Group steht in diesem Jahr unter dem Leitgedanken „Krise als Chance: Wer in der Pandemie die Transformation vorangetrieben hat“.

Keine reine Coronalösung

Schnell wurden Stadtwerke zu Connfair-Kunden – denn auch für Schwimmbäder und Museen brauchte es verlässliche Systeme zur Besuchersteuerung. „Unser Vorteil ist die Synchronisierung über eine Cloud-Plattform im Hintergrund“, erklärt Schäufele. So behalte man auch in Gebäuden mit mehreren Eingängen stets den Überblick und könne in Echtzeit sagen, wie viele Personen drin sind. Bei der IFA in Berlin hatte Connfair mit 34 Ampeln seine Fähigkeiten schon einmal unter Beweis stellen können, sagt Schäufele. In den Jahren 2020 und 2021 sei man – trotz des anfänglichen Schocks – weiter gewachsen.

Wichtig ist Schäufele, dass die kreative Phase der Pandemie auch einen Nutzen bringt für zukünftige Anwendungen. „Was wir programmiert und gebaut haben, soll keine reine Coronalösung sein, sondern sich nachhaltig auf dem Markt bewähren.“ Da die Gerätschaften mobil sind, lassen sich die Systeme flexibel und modular einsetzen. „Auch für Musikfestivals, Messen für Gewerbetreibende oder Weihnachtsmärkte ist das also gut nutzbar“, sagt Schäufele.

Für die Verifizierung des jeweiligen Status – geimpft, genesen, getestet – und die Kontaktverfolgung habe man das System erweitert. „Und über die Möglichkeit einer Vorabregistrierung weiß der Veranstalter, wie viele Gäste wann kommen.“ Die Prüfung der Tickets vor Ort könne über entsprechende Schnittstellen auch vollautomatisch erfolgen.

Schäufele hatte in Mainz sein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit dem Bachelor abgeschlossen, bevor er einen MBA an der Colorado State University in den USA dranhängte. Seine Karrierestationen vor der Gründung von Connfair waren die DMS Holding und die Wirtschaftsprüfung KPMG, wo ihn Projekteinsätze in viele Länder geführt haben – von Australien über China bis Thailand und Norwegen. Doch nun – als Unternehmer im 15-köpfigen Connfair-Team – hat er seine Erfüllung gefunden, sagt er: „Mit diesem hochmotivierten Team macht es einfach Spaß zu arbeiten.“

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Schäufele, wissen Sie noch, was Sie werden wollten, als Sie klein waren?
Eine Zeitlang Pilot, dann fand ich Architektur ganz interessant, und gegen Ende der Schulzeit hat mich das Unternehmertum immer mehr fasziniert.

Woran messen Sie Ihren Erfolg? Spielt Geld eine Rolle, oder gibt es andere Faktoren?
Erfolg bedeutet, sich weiterzuentwickeln, als Person genauso wie als Unternehmen. Außerdem Dinge bewirken zu können und einen positiven Einfluss auf das eigene Umfeld zu haben.

Gibt es Charakterzüge, die für eine Führungsperson unabdingbar sind?
Persönliche Integrität, Überzeugungskraft und die Bereitschaft, Dinge regelmäßig zu hinterfragen, nicht zuletzt den eigenen Standpunkt. Und echte Wertschätzung für Mitmenschen. Gute Führung bedeutet für mich, ein Klima zu schaffen, in dem sich jeder einzelne Mitarbeiter entfalten kann.

Bitte ergänzen Sie den Satz: In Konfliktsituationen bin ich…
… normalerweise sachlich und lösungsorientiert. Wenn es keine sofortige Lösung des Konflikts gibt, dann sollte zumindest eine Lösungsperspektive gefunden werden.

Was waren Ihre wichtigsten drei (Arbeits-)Ergebnisse der letzten drei Jahre?
Erstens habe ich gemeinsam mit meinen Connfair-Mitgründern ein leistungsfähiges und hochmotiviertes Team zusammengestellt und entwickelt, mit dem es einfach Spaß macht zu arbeiten. Zweitens: Innerhalb weniger Wochen haben wir ein Gesamtkonzept für die Personenzählung, Auslastungssteuerung und Besucherstromlenkung in öffentlichen Einrichtungen und Supermärkten entwickelt und zur Marktreife gebracht. Eine echte Teamleistung. Und drittens sind wir mit Connfair als Event-Tech-Start-up trotz Corona gewachsen – und haben die Krise als Chance genutzt.

In den nächsten drei Jahren: Was wollen Sie lernen, das Sie heute noch nicht können?
Da gibt es mehrere Bereiche, aber nicht das eine große Thema. Eines meiner Ziele für die nächsten drei Jahre ist jedenfalls, regelmäßig Zeit zur persönlichen Weiterbildung in meinem Arbeitsalltag einzuplanen.

Was ist Ihr langfristiges Ziel beziehungsweise Ihre Vision?
Menschen Mut machen, ihr Potenzial zu entdecken, proaktiv zu leben und sich aus der eigenen Komfortzone zu bewegen. Dazu gehört auch, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.

Wenn ich mich bei Ihren Freunden erkundigen würde: Welche alternativen Karriereoptionen würden die für Sie vorschlagen?
Wahrscheinlich Unternehmensberater oder irgendeine andere Tätigkeit, die mit Reisen zu tun hat.

Herr Schäufele, vielen Dank für das Interview.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×