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16.12.2019

15:15

Fischer Information Technology AG

Kluge Verknüpfer: Carl Pfeffer und Walter Fischer bieten Firmen Datensammelstelle

Von: Peter Brors

Das Unternehmerduo vom Bodensee bietet ein Produkt an, das alle relevanten Daten einer Firma in einer einzigen Anwendung zusammenführt.

Carl Pfeffer und Walter Fischer: die Daten-Verknüpfer Fischer Information Technology AG

Carl Pfeffer (links) und Walter Fischer

Die Unternehmer bieten eine neuartige Software an.

Düsseldorf Carl Pfeffer ist ein hochgewachsener Manager mit klar gezogenem Scheitel und strahlendem Lachen. Walter Fischer ist gerade noch mittelgroß, ein Mann mit sportlicher Statur, wachen Augen und flinken Bewegungen. Pfeffer ist 57 Jahre alt, Fischer ziemlich genau elf Jahre älter.

Pfeffer ist im Rheinland aufgewachsen, Fischer im Großraum Frankfurt. Jetzt leben beide am Westufer des Bodensees und leiten die Fischer Information Technology AG in Radolfzell. Fischer ist der Gründer und Namensgeber des Herstellers von Unternehmenssoftware und war bis 2015 auch dessen Geschäftsführer.

Pfeffer war seit 2013 Aufsichtsrat bei der nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft und hat 2016 den Posten des CEOs von Fischer übernommen. Dieser wiederum hat die Seite in gegensätzlicher Richtung gewechselt und sitzt heute im Kontrollgremium der Firma.

Kurzum: Das Duo, beide auch maßgeblich mit eigenem Kapital an Fischer beteiligt, verantwortet seit Jahren gemeinsam und offenbar in bestem Einvernehmen die Entwicklung der Firma mit 70 Angestellten, vorwiegend IT-Entwickler, und siebenstelligem Umsatz. Das klingt nach einem geordneten deutschen Mittelständler und einer Firmengeschichte, die sich kontinuierlich und ohne größere Brüche entwickelt hat.

Jetzt aber steht das Führungstandem womöglich vor einem wesentlichen Entwicklungsschritt. Seit Jahren verkauft die Firma ihre Software „Tim“, die es beispielsweise Herstellern von Haushaltsgeräten erlaubt, die Betriebs- und Wartungsanleitungen für ihre gesamte Produktpalette auf einem Softwareprogramm zu bündeln. Damit können die Vertriebs- und Serviceeinheiten ertüchtigt werden, auch im Außendienst oder per Videoferndiagnose schnell und ständig helfen zu können.

Die Branche spricht von der sogenannten „Handschuhfachliteratur“, die, sagt Pfeffer, „früher vorwiegend in Papierform oder als PDF-Dokument mühsam zusammengeführt werden musste und im Kundenservice digital deshalb kaum nutzbar war“.

Zu den Klienten zählen nach Informationen von Fischer renommierte Hersteller wie Kärcher, Leica, Dräger und Knorr-Bremse. Der Umsatz mit dieser Software beläuft sich auf einen mittleren Millionenbetrag.

Auf Augenhöhe mit den großen Wettbewerbern

So weit, so stabil. Jetzt aber geht es für Pfeffer und Fischer darum, das neueste Produkt im Markt breit zu platzieren. Das hört auf den Namen „Sherlock“ und soll Unternehmen dabei helfen, alle verfügbaren firmeninternen Daten derart zu verknüpfen, dass sie beispielsweise auch über eine App ständig und mobil abrufbar sind – also nicht mehr nur die Handschuhfachliteratur, sondern auch sämtliche SAP-Anwendungen und das vollständige „Customer Relations Management“.

Es geht also um eine Art digitale Sammelstelle, bei der alle relevanten Daten eines Unternehmens zusammenlaufen. Aber, und so könnte vielleicht ein zweifelnder Einwand lauten, bieten das nicht gerade auch große Softwarekonzerne wie SAP selbst an? „Nach einem größeren Projektprozess irgendwann vielleicht schon“, geben Pfeffer und Fischer geradewegs und unisono zu.

„Unsere Software ,Sherlock‘ aber hat dagegen einen entscheidenden Vorteil: Unser Produkt ist zu 95 Prozent standardisiert und arbeitet systemübergreifend. Das bedeutet: Die Konfiguration beim Kunden lässt sich ohne großen zeitlichen und finanziellen Aufwand in Wochenfrist einrichten. Der ganze Prozess lässt sich damit um 90 Prozent beschleunigen.“

Das klingt erst einmal nach bestem Marketingdeutsch. Und setzt den Impuls für weitere Recherchen bei möglichen ersten Anwendern. Da wäre zum Beispiel Voith, einer der renommiertesten deutschen Anlagen- und Maschinenbauer, 4,2 Milliarden Umsatz, mit 19. 000 Mitarbeitern tätig in mehr als einem halben Dutzend Branchen. „Wir arbeiten seit einem Jahr mit der Software und haben durchweg positive Erfahrungen sammeln können“, berichtet Digital Business Officer Jürgen Abraham aus der Heidenheimer Zentrale.

„Sherlock erlaubt es uns, auf eine sehr einfache Art und Weise Datensilos miteinander zu verknüpfen. In einem konkreten Fall ermöglichen wir es unseren Ingenieuren, in der Angebotsphase (hochkomplexe) kundenspezifische 3D-Modelle basierend auf einem Produktportfolio zusammenzustellen.“

Zum Hintergrund: Voith bearbeitet ungezählte Papiersorten, von der Wellpappe über Kartonagen bis zum Zeitungs- und Geschenkpapier mit vielfältigen Informationen zu Farbe, Dicke, Reißfestigkeit und so weiter. Dazu kommen die Daten Hunderter verschiedener Verarbeitungsmaschinen. Voith-Manager Abraham spricht in Gänze entsprechend von sehr großen Datenmengen, die mithilfe von Sherlock digital in einer Anwendung verknüpft werden.

Neben Voith setzen weitere Firmen wie der Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori die neue Fischer-Software bereits ein. Gibt es also überhaupt irgendein größeres Problem? Pfeffer sagt: „Viele potenzielle Kunden haben wohl eine gewisse Furcht vor der Digitalisierung und suchen noch nach Wegen, in die neue Welt zu starten. Da können wir produktiv in kurzer Zeit unterstützen.“

Fischer ergänzt mit Blick auf etwaige Konkurrenzanbieter: „Wir sind auf Augenhöhe mit großen amerikanischen Wettbewerbern. Unser Vorteil liegt darin, dass wir die europäischen Unternehmen besser verstehen.“

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