PremiumIn Hessen sitzt der Marktführer für hochpreisige Imbisswagen. Roka verkauft neben Burgerbuden inzwischen auch Automaten – und verdient damit gut.
Roka-Chef Volker Beck
Der hessische Unternehmer ist mit seinen Foodtrucks Marktführer in Europa.
Bild: ROKA
Merenberg Auf Knopfdruck in drei Minuten eine Pizza bekommen: Volker Beck verkauft Pizzaautomaten an große Cateringanbieter, die die Gastrobranche automatisieren wollen. Damit will der Unternehmer auch etwas gegen den Fachkräftemangel tun.
Erste Pizzaautomaten vertreibt das Roka-Werk in Südhessen für den französischen Hersteller Apitech. Sie kosten 65.000 Euro und gehen unter anderem an Airbus und die Tesla-Gigafactory in Grünheide. Vielen Gastrobetrieben fehle das Personal, Beck nehme mit den Automaten also keinem Pizzabäcker seine Jobchancen, meint er: „Ich rationalisiere niemanden weg.“
Hunderttausende fehlende Mitarbeiter machten sich inzwischen stark bemerkbar, stimmt der Gastro-Experte und Trendbeobachter Mathias Haas zu. Und das bei einer schwachen Konjunktur: „Wenn erst der Boom kommt, haben wir ein echtes Problem“, meint Haas. Das verstärke die Automatisierung der Gastronomie.
Der Experte glaubt zudem, dass Becks Strategie in die Zeit passe: „Viele Kunden wollen möglichst wenig mit der Außenwelt interagieren“, so Haas. „Die Kommunikation ändert sich mit der Digitalisierung“, sagt er und nennt als Beispiele Hotlines und das Datingverhalten von Jugendlichen, die sich erst nach mehreren Stufen persönlich treffen würden. Ein Drittel der preiswerteren Essensangebote wie Pizza oder Eis könnten in zehn Jahren etwa von Automaten bereitgestellt werden, prognostiziert Haas.
2023 will Beck pro Monat zehn Pizzaautomaten an Betreiber von Betriebskantinen und Mensen verkaufen. Außerdem hat er für die Schwarz-Stiftung, die hinter den Supermarktketten Lidl und Kaufland steht, den Prototyp eines unbemannten Supermarktes entwickelt. In einem Container sollen Roboter die Produkte abholfertig zusammenstellen, die Kunden vorher per App bestellt haben. Das sei „eine gute Lösung für einen Uni-Campus oder für strukturschwache Regionen“, findet Beck.
Noch ist Roka hauptsächlich im klassischen Geschäft mit mobilen Imbisswagen tätig. Foodtrucks, Anhänger, Essenscontainer: 150 Stück verkauft Beck davon pro Jahr. Der Fachkräftemangel sei auch hier spürbar, sagt der Unternehmenschef: „Wir könnten mindestens 20 Prozent mehr Umsatz machen, wenn unsere Kunden genug Personal hätten.“
Beim Betriebsbesuch im hessischen Merenberg zeigt Beck auf einen mattschwarzen Foodtruck, der vor der Werkshalle steht. Dieser sei vom Fernsehkoch Stefan Henssler bereits gekauft worden, stehe aber seit Monaten auf dem Gelände – weil der noch kein Personal für seine Sushi-Marke gefunden habe.
Der Name Roka steht für Rollladenkästen, massive Rollläden für die Fenster von Wohngebäuden, die Becks Vater ab 1962 herstellte. Sechzig Jahre später gehört das Produkt weiter zu einer Sparte der Beck Holding, die in Familienbesitz ist.
Doch das Angebot ist heute viel breiter. Unter anderem hält Roka als einziger Anbieter die Verkaufslizenz für Neufahrzeuge der US-Firma Air Stream mit ihren typischen silbernen Wohnwagen. Etwa die Hälfte des Umsatzes mit mobilen Gastrosystemen macht das Unternehmen mit Cateringanbietern wie Sodexo. Auch SAP, Ikea oder die Messe München kaufen Foodtrucks oder ausgebaute Container von Roka.
Für seine Foodtrucks, Container und Anhänger lässt Volker Beck die Rohlinge in seinem Werk in Ungarn von 40 Beschäftigten herstellen, 85 Mitarbeiter hat er in Deutschland. Sechsmal im Monat pendle sein Spediteur zwischen den Standorten. In Merenberg werden die Fahrzeuge, Anhänger und Container in einer 6000 Quadratmeter großen Halle gefertigt. „Die größte Imbissbudenproduktion Europas“, sagt Beck stolz. Er geht die Halle ab, grüßt Angestellte mit Vornamen, stellt Fragen zum Produktionsvorgang.
Mit seiner Marke ist er längst auf Großevents wie der Berliner Fanmeile und dem Christopher Street Day in Köln und Berlin oder Festivals wie Rock am Ring vertreten. Mitten in der Hitzewelle denkt der Unternehmer bereits an den nächsten Sommer: „Immer wenn in der Produktion Lücken sind, sollen meine Mitarbeiter einen Eiswagen machen“. Im Februar wolle er zehn fertige Wagen bereitstehen haben, für die nächste Saison.
Beck produziert in Hessen die Fahrzeuge und bietet einen „After-Sale-Service“, der für große Caterer besonders wichtig sei. Rund um die Uhr sei sein Helpdesk erreichbar, zwei Servicefahrzeuge könnten im Notfall zu den Kunden fahren.
Roka sieht sich in Europa unangefochten als Marktführer für mobile Gastronomie. 20 Millionen Euro Umsatz plant Beck für dieses Jahr und mehr als 15 Prozent Gewinn vor Steuern. Laut Gastro-Experte Mathias Haas hat Roka „eine clevere Nische gefunden, die andere vermutlich belächeln“.
Für die Roka-Fahrzeuge müssen Kunden 80.000 bis 125.000 Euro ausgeben. Das sei meist nichts für Hobbyköche, die zum Gartenfest ihre eigenen Burger kredenzen, sagt Volker Beck. Roka hat inzwischen auch ein Segment für gebrauchte Fahrzeuge, das 20 Prozent des Umsatzes ausmache.
Zu seinen Kunden zählen eher große Unternehmen, einige davon wollen Kantinen in Deutschland modernisieren. SAP habe von ihm beispielsweise „eine große Foodhall“ mit verschiedenen Essenscontainern samt Sitzgelegenheiten auf dem Dach bestellt. Aktuell fokussiert sich ein Teil der Produktion auf ein Großprojekt für die Burgerkette Five Guys. Aus acht 40-Fuß-Containern werde ein großer Laden für den US-Militärflughafen Rammstein gebaut.
Mathias Haas glaubt, dass sich viele Unternehmen von der klassischen Kantine verabschieden werden. Denn bei vielen Jobs müssten die Arbeitgeber ihre Belegschaft überzeugen, wieder ins Büro zu kommen. „Dabei könnten Foodtrucks helfen, die zum Beispiel tageweise wechseln“, so Haas. Die Zahl der Mitarbeiter im Büro schwanke täglich, mobile Angebote könnten dies ausgleichen. Premiumangebote durch Foodtrucks würden den Arbeitsplatz aufwerten.
In Deutschland fange die Bewegung erst an, verglichen mit den USA. Doch auch hierzulande säßen Menschen inzwischen im Winter draußen mit einer Decke vor den Cafés: „Outdoor ist sexy“, ist Haas überzeugt.
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