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17.02.2023

12:12

Kochen mit Paris Hilton

Wie Fackelmann mit Haushaltshelfern zur Weltmarke wurde

Von: Julia Leonhardt

Das Familienunternehmen trotzt hohen Kosten und Konsumflaute. Die starke Präsenz in den sozialen Medien soll noch mehr jüngere Koch- und Backfans zu Kunden machen.

Fackelmann kooperiert in den USA mit der Hotelerbin Paris Hilton und stattet deren Netflix-Kochshow mit Haushaltswaren aus. Epoca

Hotelerbin Paris Hilton mit Fackelmann-Waren

Fackelmann kooperiert in den USA mit der Hotelerbin Paris Hilton und stattet deren Netflix-Kochshow mit Haushaltswaren aus.

Hersbruck Die Haushaltshelfer von Fackelmann hat wohl jeder deutsche Haushalt in irgendeiner Küchenschublade. Von Pfannenhebern über Zitronenpressen bis zur Nudelmaschine – mehr als 10.000 Artikel hat das Familienunternehmen aus Hersbruck bei Nürnberg im Sortiment. Nur ein kleiner Teil davon wird im neuen Showroom in der Zentrale in Hersbruck bei Nürnberg ausgestellt. „In der Pandemie haben die Menschen das Kochen und Backen wiederentdeckt. Unsere Backformen waren besonders gefragt“, sagt Geschäftsführer Martin Strack.

Seit dem Ukrainekrieg ist der Boom vorerst vorbei. Die hohen Energie- und Rohstoffpreise machen der ganzen Haushaltswarenbranche zu schaffen. Die Inflation lässt Verbraucher sparen. „Wir spüren die gedrückte Kauflust merklich“, sagt Strack. Die Lager sind voll. Trotzdem ist es dem Unternehmen gelungen, den weltweiten Umsatz nach zwei wachstumsstarken Pandemiejahren relativ stabil zu halten.

Der Umsatz sank 2022 leicht um 3,6 Prozent auf 482 Millionen Euro. Zu Gewinnen schweigt das Familienunternehmen traditionell. Nur so viel sagt Manager Strack: „Wir sind profitabel.“ Preiserhöhungen ließen sich nur bedingt durchsetzen, so wächst der Druck auf die Marge.

Von herausfordernden Zeiten will sich das Unternehmen nicht bremsen lassen. „Mit einer breiten internationalen Innovations- und Investitionsstrategie starten wir zuversichtlich ins neue Jahr“, sagt Strack.

Allein am Stammsitz in Hersbruck wurden rund zehn Millionen Euro in Kleinteillager, neue Bürokonzepte und den 600 Quadratmeter großen Showroom gesteckt. Auch im Bereich Künstliche Intelligenz und Big Data möchte sich das Traditionsunternehmen in diesem Jahr weiterentwickeln. Eine verstärkte Präsenz in den sozialen Medien soll noch mehr jüngere Kunden anlocken.

70 Prozent seiner Geschäfte macht Fackelmann heute im Ausland. Haushaltswaren und Badmöbel werden weltweit in 30 Ländern verkauft. Das Traditionsunternehmen wurde 1919 von drei Brüdern als Handelsfirma für Haushalt und Eisenwaren gegründet. 1958 startet Sebastian Fackelmann in zweiter Generation mit einer eigenen Produktion von Holzwaren wie Zahnstocher, Rührlöffel, Frühstücksbrettchen und Kleinmöbel in der Nähe von Hersbruck.

Unternehmer Alexander Fackelmann baute den Mittelständler in dritter Generation zu einem internationalen Unternehmen aus. 2019 übergab er die Unternehmensführung an Martin Strack. Der 41-jährige Betriebswirt arbeitete zuvor acht Jahre bei Morgan Stanley Investment Banking in London und New York.

Alexander Fackelmann hat 2019 die Geschäftsführung des Unternehmens an Martin Strack abgegeben. Fackelmann Brands

Alexander Fackelmann, Präsident Fackelmann Brands, und Martin Strack, CEO

Alexander Fackelmann hat 2019 die Geschäftsführung des Unternehmens an Martin Strack abgegeben.

Fackelmann ist vor allem durch Übernahmen gewachsen. In den vergangenen zehn Jahren wurden 18 Marken zugekauft, dazu gehören Stanley Rogers, Füri-Messer und der Backformenspezialist Zenker. Auch für Dr. Oetker stellt Fackelmann in Lizenz Backutensilien her. Zu den größten Kunden gehört der amerikanische Supermarktkonzern Walmart. In Deutschland beliefert Fackelmann neben Supermärkten auch Möbelhäuser wie Ikea und XXXLutz.

Den Großteil der Waren stellt das Familienunternehmen aus Kostengründen inzwischen in anderen Ländern her. An zwei Produktionsstandorten in Deutschland, in Hersbruck und Aichbach, hält Fackelmann aber weiter fest – trotz hoher Energiekosten. „Das gehört zu unserer Tradition und zu der Region, mit der wir verwachsen sind“, betont Martin Strack.

Auch Nachhaltigkeit spiele eine Rolle. Beide Werke in Deutschland produzieren laut Strack klimaneutral. Fackelmann möchte in Zukunft einen noch stärkeren Fokus auf ressourcenschonende Materialien und eine umweltfreundliche Produktion legen.

Das Familienunternehmen hat seit den 1990er-Jahren Produktionsstätten in China, Polen und Indien. Eine gerade erst fertiggestellte Fabrik in Indien fertigt Edelstahlwaren und Kochgeschirr. „Indien ist für uns eine gute Alternative zu China“, sagt Strack. Im chinesischen Werk werden vor allem Küchenhelfer wie Töpfe und Pfannen produziert.

Während der Coronapandemie hatte Fackelmann immer wieder mit den harten Lockdowns in China zu kämpfen. Die Folge waren Personal- und Produktionsausfälle. „Die Lage in China ist schwer voraussehbar“, erzählt Strack.

Neben Corona hat der Krieg in der Ukraine die Lieferkette durchgeschüttelt. Der russische Angriff traf Fackelmann auch direkt. Büros und Lagerräume in Kiew wurden durch mehrere Raketen zerstört. Die Mitarbeiter vor Ort blieben unversehrt.

Haushaltswarenindustrie leidet unter den Folgen des Ukrainekriegs

Die gesamte Haushaltswarenindustrie leidet unter den Folgen des Ukrainekriegs. Die Branche musste 2022 deutliche Geschäftseinbußen hinnehmen, erläuterte der Industrieverband Schneid- und Haushaltswaren kürzlich auf der Frankfurter Konsumgütermesse Ambiente. Der Gesamtumsatz der Schneid- und Haushaltsbranche sank um rund sieben Prozent auf 2,35 Milliarden Euro. Steigende Material- und Energiepreise seien unter anderem der Grund für den Einbruch.

Jens-Heinrich Beckmann ist Geschäftsführer des Industrieverbands und blickt verhalten optimistisch auf das Jahr 2023. Obwohl die Preise für Energie und Material sich langsam wieder normalisieren würden, sei die Lage weiter unvorhersehbar. Volle Lagerbestände und die gedrückte Kauflaune von Konsumenten machen es der Branche schwer. „Die Onlineumsätze sind dramatisch zurückgegangen. Das ist ein großes Problem“, sagt Beckmann.

Fackelmann setzt auf eine wachsende Präsenz in den sozialen Medien. Saskia Fackelmann, Vertreterin der vierten Generation, präsentiert das Familienunternehmen auf diversen Accounts. Mit Videos und Fotos auf Instagram und Co. gibt sie Koch- und Backtipps und postet über Familie und Fitness. Dabei immer wieder im Bild zu sehen: eine Auswahl an Fackelmann-Produkten. Das erfolgreichste Video auf Saskia Fackelmanns Account hatte rund elf Millionen Aufrufe.

Werbepartnerschaften mit dem deutschen Olympia-Team und Paris Hilton

Unternehmenschef Strack hofft, so neue Zielgruppen zu erreichen. „Wir wollen mit unseren Social-Media-Konzepten mehr junge Leute fürs Kochen und Backen begeistern.“ Erfolgreiche Back- und Koch-Internetstars wie Sally Özcan, die über Youtube groß wurde, haben die Branche aufgemischt.

Sallys Welt macht mit selbst entwickelten Haushaltshelfern einen mittleren zweistelligen Millionenumsatz. „Für etablierte Marken ist Sally ein ernst zu nehmender Wettbewerber“, meint Jan Bechler, Geschäftsführer der E-Commerce-Beratung Finc3.

Der Fackelmann-Chef sieht indes in den großen Back- und Koch-Influencern wie Sallys Welt keine direkte Konkurrenz. Man kenne sich untereinander in der Branche und inspiriere einander.

Nicht nur in den sozialen Medien, auch sonst versucht Fackelmann, die Marke weltweit bekannter zu machen. Bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 sind die Franken offizieller Partner des Teams Deutschland. Außerdem kooperiert Fackelmann in den USA mit der Hotelerbin Paris Hilton. Für deren Netflix-Kochshow hat Fackelmann mit Partner Epoca ein eigenes Sortiment an Kochgeschirr entwickelt – mit viel Strass und Pink.

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