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24.04.2022

10:15

Michael Stausholm

Sprout World: Wie ein Gründer mit Blumensamen in Bleistiften Geld verdient

Von: Michael Scheppe

Michael Stausholms Unternehmen beliefert etwa Ikea oder BMW mit nachhaltigen Werbeartikeln. Jetzt folgt der Schritt zu Privatkunden – mit Kosmetik.

Der Däne hat Sprout World 2013 gegründet. Sprout World

Michael Stausholm

Der Däne hat Sprout World 2013 gegründet.

Düsseldorf Michael Stausholm verdient sein Geld mit Bleistiften und Eyelinern, aus denen Pflanzen wachsen. Das klingt verrückt – und so bezeichneten Freunde den Dänen, als er 2013 seinen gut bezahlten Job als Berater aufgab und die Firma Sprout World gründete. Die Idee: Unternehmen eine Alternative zum Wegwerfkugelschreiber als Werbeartikel anzubieten.

Verrückt ist heute nur noch die Firmenentwicklung: Sprout World hat bislang 45 Millionen Bleistifte in 80 Ländern verkauft, seit 2017 schreibt die Firma schwarze Zahlen. In Deutschland zählen etwa die Deutsche Bank, die Bahn, Porsche, BMW, Mercedes oder Ikea zu Stausholms Kunden.

Stausholms Idee des „Sprout Pencils“ passt besser denn je in eine Zeit, in der Konsumenten vermehrt auf Nachhaltigkeit achten und auch Unternehmen dieses Thema stärker forcieren. In der Kapsel am Ende seiner Bleistifte sind verschiedene Samensorten, die Nutzer in die Erde stecken können, wenn das Schreibutensil ausgedient hat. Je nach Saatgut sprießen sie zu Blumen, Gemüse oder Kräutern, es gibt ein Dutzend verschiedene Sorten.

Jeden Tag würden weltweit 135 Millionen Kulis aus Plastik produziert, die oft weggeschmissen würden, erzählt Stausholm. „Mit einem Bleistift, aus dem eine Pflanze wächst, können wir gegen die Wegwerfmentalität angehen.“ Firmen können den Stift in Unternehmensfarben gestalten und individuell beschriften lassen. Sprout World könne Betrieben helfen, ihre eigene Nachhaltigkeitsgeschichte besser zu erzählen, so der 52-jährige Inhaber.

Der Gründer und seine inzwischen 40 Mitarbeiter zählende Belegschaft schaffen es, mit einem nachhaltigen Bleistift einen Millionenumsatz zu erwirtschaften: Sieben Millionen Euro will Stausholm dieses Jahr erzielen. Bis auf eine Delle im Coronajahr 2020 ist Sprout World nach eigenen Angaben jedes Jahr gewachsen. Die Dänen profitieren von den aktuellen Corona-Lockerungen, die Stifte kommen wieder auf Konferenzen oder im Büro zum Einsatz. „Unser Bleistift ist ein gutes Mittel, um ins Gespräch zu kommen“, meint Stausholm.

Idee hatten amerikanische Studenten

Allein vergangenes Jahr verkaufte das Unternehmen 7,5 Millionen Stück. Die größten Absatzmärkte sind Italien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten. In Europa werden die Stifte in Polen hergestellt – aus zertifiziertem Holz, wie Stausholm versichert.

Auf die Idee des nachwachsenden Schreibers kamen Studenten der US-Spitzenuniversität MIT. Stausholm hatte diese per Zufall auf einer Crowdfunding-Plattform entdeckt. 2013 kaufte der Däne den Erfindern das Geschäft ab und gründete ein Unternehmen. Heute gehören ihm 80 Prozent der Firmenanteile – und er besitzt die Patentrechte an dem Produkt. Zuletzt bekam er diese auch für den asiatischen Markt.

Das dänische Familienunternehmen hat über 45 Millionen Stifte verkauft. Sprout World

Pflanze, die aus einem Stift wächst

Das dänische Familienunternehmen hat über 45 Millionen Stifte verkauft.

Für Stausholm ist ein analoges Schreibgerät in der Digitalisierung kein Anachronismus: „Studien zeigen, dass sich Menschen Dinge besser merken können, wenn sie diese mit einem Stift notieren.“ Zudem berichteten Kunden, dass es für sie fast schon entspannend sei, Gedanken mal mit einem Bleistift festzuhalten.

Sprout World erzielt drei Viertel seines Umsatzes im Firmenkundengeschäft. Privatkunden können den Stift für knapp zwei Euro pro Stück auf der Unternehmenswebsite oder über Plattformen wie Amazon kaufen. Prominenteste Kundin dürfte Michelle Obama sein. Die ehemalige First Lady hat ihre Autobiografie „Becoming“ damit beworben.

Sprout World versucht mit neuem Eyeliner in Kosmetikmarkt vorzudringen

Nun versucht Stausholm den Markt für Privatkunden stärker zu bedienen – mit einem neuen Eyeliner. Das Managementteam diskutierte diese Idee schon vor einigen Jahren: Stausholm wiegelte zunächst ab, das könne kein großes Geschäft sein. Seine Kolleginnen belehrten ihn in dem Meeting eines Besseren, hatte manche doch gleich mehrere dieser Kosmetikstifte in der Handtasche. Tatsächlich werden weltweit jährlich mehr als zwölf Milliarden der Kosmetikstifte verkauft, sagt Stausholm.

Zunächst geplante Kooperationen mit großen Kosmetikfirmen scheiterten an langen Entwicklungszeiten und Vertragsfragen. Seit dem Herbst vertreibt Sprout World die Eyeliner deshalb unter eigener Marke, ebenfalls mit Blumensamen am Stiftende. Die Inhaltsstoffe für den Eyeliner bekommt die Firma zugeliefert, die Produktion und den Vertrieb übernimmt Sprout World.

Für Beobachter erscheint dieser Schritt strategisch sinnvoll, weil Verbraucher gerade im Bereich Kosmetik und Körperpflege auf Nachhaltigkeit achten, wie jüngst eine Umfrage des Nachhaltigkeitsportals Utopia zeigte. Für zwei Drittel der Befragten waren insbesondere natürliche Inhaltsstoffe wichtig. Genau solche hat sich auch Sprout World zertifizieren lassen.

Verkauf in Flugzeugen von Eurowings und Tui

Für die Firma ist das eine neue Herausforderung: „Das Privatkundengeschäft ist völlig anders“, erzählt Stausholm. Die Dänen fokussieren sich zunächst auf digitale Vertriebswege. Im Oktober vergangenen Jahres gelauncht, stand das Produkt auf der italienischen Amazon-Plattform schon im Dezember unter den zwei Topsellern im Bereich Eyeliner. Auch in Deutschland sehe man ein „schönes Wachstum“, sagt der Unternehmer. Der Däne will in drei bis fünf Jahren die Hälfte des Umsatzes mit Eyelinern erzielen.

Und Stausholm hat weitere Vertriebswege erschlossen. Das Kosmetikprodukt gibt es seit Anfang April auch an Bord von Eurowings- und Tui-Fly-Flügen. Mit weiteren Airlines stehen die Dänen kurz vor der Urlaubssaison in Verhandlungen. „Der Eyeliner von Sprout World ist innovativ und umweltfreundlich“, begründet Eurowings auf Anfrage, warum man den Stift an Bord vertreibe. Man beobachte im Nachhaltigkeitssegment grundsätzlich eine steigende Nachfrage, lautet auch hier die Erklärung.

Vorerst plant Stausholm nicht, weitere Produkte einzuführen. Man wolle sich vorerst auf die bestehenden Angebote konzentrieren. Neue Varianten wie andere Farben und weitere Pflanzensorten seien in Arbeit. Dem Unternehmer ist auch klar, dass er mit seinen Produkten nicht die Welt retten kann, räumt er ein. Aber: „Wir können die Menschen hoffentlich dazu inspirieren, die Nachhaltigkeit mit kleinen Dingen voranzutreiben.“

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