Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

07.01.2022

13:19

Serie Social Entrepreneurship

Wie aus einem Podcast die nachhaltige E-Commerce-Plattform Brightly wurde

Zwei Gründerinnen haben ihr Interesse an nachhaltigem Leben zu einem Onlinehändler gemacht – mit Erfolg. Daran glauben auch die Wagniskapitalgeber.

Die eine kam von Amazon, die andere hatte bereits gegründet: Zusammen bauen die beiden Brightly-Gründerinnen die nachhaltige E-Commerce-Plattform auf. Brightly Photo)

Laura Alexander Wittig und Liza Moiseeva

Die eine kam von Amazon, die andere hatte bereits gegründet: Zusammen bauen die beiden Brightly-Gründerinnen die nachhaltige E-Commerce-Plattform auf.

New York Brightly.eco ist die Geschichte von zwei jungen Frauen auf der Suche nach einem sinnvollen Geschäft, aber ohne Scheu vor Geld. Zusammen führen Laura Alexander Wittig und Liza Moiseeva das Start-up Brightly.eco, das zu einem nachhaltigen Lebensstil ermuntert und passende Produkte vertreibt – und in diesem Jahr eine Million Dollar Wagniskapital bekommen hat.

Die beiden sind Teil einer wachsenden Zahl von sogenannten „Social Entrepreneurs“ – Unternehmern, die nicht nur am Gewinn orientiert sind, sondern für die der gesellschaftliche Beitrag, den sie mit ihrem Unternehmen leisten, im Vordergrund steht.

Laura Alexander Wittig kommt eigentlich aus einer Richtung, die nicht als besonders nachhaltig gilt: Ihre Karriere begann zunächst bei Amazon Fashion. Gleich nach dem College musste sie bei ihrem Amazon-Job „so viele Schuhe und Handtaschen wie möglich“ verkaufen, wie sie in einem Podcast erzählt. Oft seien diese Produkte nicht nur schlecht verarbeitet gewesen. Sie kamen auch aus zweifelhaften Lieferketten und waren voll von schädlichen Chemikalien.

Wittig war dabei so gut, dass sie mit ihren E-Mails und Social-Media-Initiativen nach eigenen Angaben für Amazon viele Millionen Dollar pro Woche an zusätzlichem Umsatz generierte. „Aus professioneller Sicht habe ich es geliebt, dass ich so erfolgreich war“, resümiert sie heute. „Aber gleichzeitig habe ich mich gefragt, welchen Einfluss ich auf diesen schädlichen Kreis der Fast Fashion habe“.

Ihre Arbeit stand auch im krassen Gegensatz zu dem, wie sie privat lebte. Als Verbraucherin habe sie mit ihrem Mann eher mit möglichst wenig Kleidung und einem minimalistischen Zuhause experimentiert. In ihrem Job dagegen sorgte sie dafür, dass Menschen noch mehr Dinge kaufen, die sie nicht brauchen und damit anderen Menschen und dem Planeten schaden. Sie kam ins Zweifeln und wechselte das Unternehmen.

Nach zehn Podcast-Folgen schon in den Apple-Charts

Es folgten noch weitere Stationen bei berühmten Namen wie Google, Sephora und Adobe. Als Social-Impact-Expertin bei Google half sie dabei, dass Menschen aufgrund ihrer Onlinesuchen schneller mit Kontakten zu relevanten Hotlines versorgt wurden – etwa für Gewaltopfer oder Suizidgefährdete. Diese Arbeit war für sie deutlich erfüllender. Aber wie bei ihren anderen Jobs reizte sie auch das Unternehmertum.

Auf Instagram war Wittig auf die Slow-Fashion-Bewegung gestoßen und lernte so auch ihre heutige Geschäftspartnerin Liza Moiseeva kennen. Die gebürtige Russin hatte damals bereits ihr eigenes Start-up „Globeln“ für nachhaltige und vor allem fair gehandelte Produkte – von handgefertigten Tassen aus Tunesien bis hin zu Trinkgläsern aus Mexiko – und setzte damit zwölf Millionen US-Dollar um.

Die beiden verstanden sich so prächtig, dass sie mit „Good together“ ihren eigenen Podcast starteten. Dieser richtete sich an Menschen, die sich für nachhaltiges Leben interessieren, die aber nicht unbedingt von einem Tag auf den anderen Veganer werden und auf allen Luxus der Konsumgesellschaft verzichten wollen.

Der Podcast widmete sich nicht nur einzelnen Produkten, sondern auch Fragen wie: Wie nachhaltig ist der Superbowl? Bereits nach zehn Episoden schaffte es „Good together“ unter die meistgehörten 150 Podcasts bei Apple, ein großer Erfolg. Es waren die vielen aufmunternden Reaktionen der Zuhörer, die sie ermunterten, aus dem Podcast mehr zu machen – eine Plattform für Nachhaltigkeit.

Wittig brachte ihr Tech-Know-how ein, das sie bei Google, Amazon und Adobe gesammelt hatte. Moiseeva steuerte ihre Erfahrung als Gründerin mit ihrem eigenen E-Commerce-Unternehmen bei. Sie ist vor allem fürs Marketing und den Vertrieb von Brightly zuständig.

Business statt Charity

Beide Frauen eint die Überzeugung, dass Menschen keine weitere Charity brauchen, sondern Unternehmen, die anständige, fair bezahlte Jobs weltweit bieten und Produkte, die den Planeten nicht zerstören. Zu ihren Vorbildern gehören Muhammad Yunus mit seinen Mikrokrediten der Grameen Bank und die Gründer der Outdoor-Marke Patagonia, die ein Prozent ihres Umsatzes an Umweltorganisationen spenden.

Mit ihrer Website Brightly.eco geben die beiden nicht nur Tipps für ein nachhaltigeres Leben. Sie prüfen auch Marken und Produkte und sprechen für diese Empfehlungen aus. Diese Marken können auch Werbung buchen, müssen das aber nicht.

Für ihren Erfolg macht Moiseeva vor allem die Community verantwortlich, die sie erst mit dem Podcast und später mit der Website geschaffen haben: „Es ist wichtig, eine Community aufzubauen und nicht nur, Dinge zu verkaufen.“ Es reiche heute nicht mehr, Produkte anzubieten, die vorgeben, fair trade zu sein oder nachhaltig. „Das behaupten ganz viele. Deshalb ist es so wichtig, genau nachzuschauen, ob Produkte wirklich ethisch vertretbar sind.“

„Aber wir müssen uns trotzdem mit den Großen vergleichen, wo unsere Kunden auch einkaufen“, sagt Moiseeva. Wachsen wollen die beiden Frauen auch. Zu den Feiertagen haben sie ihre eigene Linie von Geschenken herausgebracht: von der Kochschürze bis zum edel designten Komposteimer.

Eines stellen die beiden klar: „Wir weigern uns, uns an irgendeiner Form von Greenwashing zu beteiligen.“ Das gelte auch, wenn große Marken Partnerschaften vorschlagen. Viele bekannte Marken suchen mittlerweile die Nähe von Brightly. „H&M hat uns angesprochen für ihre Conscious Collection“, berichtet Alexander. Dabei handelt es sich um eine spezielle Linie von H&M, die mehr Wert auf Nachhaltigkeit legt. Aber das war den Frauen zu heikel.

Es sei zwar gut, wenn auch Großunternehmen ihr grünes Gewissen entdecken. Aber von einzelnen, vom Rest gesonderten Initiativen oder großen Spenden halten sie nicht viel. „Wenn Konzerne erst verschmutzen und dann spenden, frage ich mich: Warum macht ihr es nicht von Anfang an richtig“, fragt Moiseeva. Sie und ihre Geschäftspartnerin wollen es gleich richtig machen.

Handelsblatt Zukunft Mittelstand Newsletter

Von

kk

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×