Sebastian Pollok und Robert Lacher waren mit eigenen Firmen erfolgreich. Jetzt gründet das Duo einen Risikokapitalfonds mit namhaften Geldgebern.
Visionaries Club
Robert Lacher (links), Gründer von Amaze und Sebastian Pollok, Gründer von Amorelie
Bild: Visionaries Club
Berlin Sebastian Polloks erste Firma hieß Amorelie. Binnen kürzester Zeit baute der 33-Jährige den führenden Onlineversender für Liebesspielzeug auf. Und verkaufte, als er damit einen Umsatz von 60 Millionen Euro erreicht hatte, das Unternehmen 2018 mit einer Bewertung von 100 Millionen Euro an die Pro-Sieben-Sat -1-Gruppe. Robert Lachers erste Firma hieß Amaze. Es dauerte keine neun Monate, ehe der Onlinemodehändler Zalando sein „Tinder für die Mode“, wie es der 34-Jährige ausdrückt, aufkaufte und in seine digitale Gesamtstrategie integrierte.
Pollok und Lacher: zwei ähnlich tickende Gründer, zwei ähnlich verlaufende Karrieren, zwei auch äußerlich zueinander passende Erscheinungen: sportlich schlanke Typen, Jeans, helle, schmal geschnittene Hemden, jeweils die beiden obersten Knöpfe arbeitslos, rhetorisch bewandert, thematisch breit interessiert, mit Anflügen von Selbstironie.
Pollok stammt aus Bremen und hat Betriebswirtschaft an der WHU, in St. Gallen, Hongkong und an der Kellogg School of Management studiert. Lacher, aufgewachsen in Essen, war als Student an der RWTH in Aachen, in Harvard und im britischen Cambridge. Kennen gelernt haben sich beide nach dem Studium als Berater bei BCG, wo sie typische Strategieprojekte begleiteten. Schnell war beiden klar: „Wir wollen auch selbst gründen.“ Mit diesem Anspruch entstanden Amorelie und Amaze.
Jetzt haben sich die beiden zu einem neuen Projekt zusammengeschlossen. Es hört auf den verheißungsvollen Namen „Visionaries Club“. Dahinter verbirgt sich ein Venture-Capital-Fonds, der junge Gründer mit jenen digitalen Start-up-Pionieren verknüpfen will, die hierzulande bereits erfolgreiche Firmen etabliert haben.
Mit anderen Worten: Digitalunternehmer wie Hakan Koç (Auto 1), Johannes Reck (Get Your Guide), Dominik Richter (Hellofresh), Tarek Müller (About You), Florian Gschwandtner (Runtastic), Martin Sinner (Idealo), Malte Siewert (Trivago) sowie die Gründer von Flixbus investieren nicht nur in den neuen Fonds privates Geld, sondern stehen der nächsten Gründergeneration auch als Ratgeber zur Seite.
„Visionaries Club bringt auf unkomplizierte Weise viele spannende Unternehmerköpfe aus der Welt der digitalen Start-ups und der Familienunternehmen zusammen – diese Vernetzung ist für alle Seiten wertvoll“, sagt Daniel Krauss, einer der Gründer von Flixbus, das dieses Jahr auf geschätzte eine Milliarde Euro Umsatz zusteuert.
Florian Gschwandtner, der sein Unternehmen Runtastic vor Jahren für 220 Millionen Euro an Adidas verkauft hat, investiert nun einen Teil seines Exiterlöses zurück in Start-ups. „Es macht Spaß, unser Netzwerk zu neuen Gründerteams und Start-up-Ideen mit den anderen Unternehmern bei Visionaries Club zu teilen, da wir so den Zugang zu neuen Deals und Wissen besser bündeln können.“
So weit die jungen Wilden. Hinzu kommen unter den Investoren aber auch renommierte Familienunternehmen aus dem traditionellen deutschen Mittelstand, die sich zweierlei wünschen: eine attraktive Rendite und den frühen Zugang zu neuen Technologien.
Die finanziell unterstützten Start-ups wiederum können – neben einer signifikanten Kapitalspritze – darauf hoffen, dass sich im Investorenkreis erste Referenzprojekte und damit gleichsam erste beständige Umsätze realisieren lassen.
Zu diesen Investoren gehören Felix Fiege (Logistik), Sebastian Lürssen (Werft), Werner Conrad (Handel), Markus Langes-Swarovski (Schmuck) sowie die Bitburger Holding und Mitglieder der Familien Siemens, Henkel und Mittal.
Felix und Jens Fiege treiben in fünfter Generation als Geschäftsführer von Fiege Logistik neben der Erschließung neuer Märkte vor allem die Digitalisierung des Unternehmens voran. „Wir setzen bei Fiege sehr früh auf neueste Technologien zur Vernetzung und Digitalisierung der Lieferketten, um unsere Logistik effizienter zu steuern und bessere Services anbieten zu können“, sagt Felix Fiege.
Mit ihrem weitverzweigten Netzwerk ist es Pollok und Lacher offenbar in relativ kurzer Zeit gelungen, einen Großteil der gewünschten Zielsumme in einem ersten Closing einzusammeln. Am Ende des sogenannten Final Closings, das in den nächsten Monaten zu erwarten ist, soll das Volumen 80 Millionen Euro erreichen.
Lacher sagt: „Wir freuen uns sehr über das große uns entgegengebrachte Vertrauen existierender Investoren und dass wir noch einen kleinen Spielraum haben, um weitere, spannende Geldgeber mit eigenem großem Netzwerk beim Visionaries Club mit an Bord nehmen zu können.“ Die 80 Millionen Euro Investitionskapital wollen Pollok und Lacher exakt zur Hälfte in zwei Fonds aufteilen.
40 Millionen Euro sollen mit durchschnittlichen Beträgen von 700 000 Euro in 25 Start-ups der sogenannten Seed Stage, also der frühen Gründungsphase, fließen. Die andere Hälfte in zehn bis zwölf Unternehmen in der Wachstumsphase, die bereits ein tragfähiges Geschäftsmodell etabliert haben (Early Growth Stage/Series B).
In diesem Teilbereich wollen die „Visionaries Club“-Erfinder dann auch mit größeren Fonds wie Accel, Atomico, Holtzbrinck und Cherry, bei dem Pollok ohnehin im Board sitzt, gemeinsam investieren und zusammenarbeiten. „Wir haben bei unseren vergangenen Investments festgestellt, dass unser Industrienetzwerk noch besser funktioniert, wenn die Unternehmen und Technologien der Start-ups schon ein wenig reifer sind und bei unseren Industriepartnern richtig eingesetzt werden können – daher der zusätzliche Fokus auf die Wachstumsphase“, sagen Pollok und Lacher.
Beim deutlich größeren Fonds Eventures, einer Risikokapitalgesellschaft, in der sich namhafte Investoren wie Otto, Porsche und Lidl zusammengeschlossen haben, gibt es für das Konzept zustimmende Worte. „Ich bewerte es als sehr gutes Zeichen, dass neue und innovative VC-Fonds entstehen, denn auch unsere eigene Branche befindet sich im Umbruch“, sagt Eventures-Partner Christian Miele. „So schnell, wie sich die Start-ups entwickeln, so schnell entwickelt sich auch das Anforderungsprofil an die Investoren.“
Tatsächlich haben Pollok und Lacher nicht nur eigene Erfahrungen als Gründer gemacht, sondern auch schon als Geldgeber. Während Lacher zusammen mit Jeannette zu Fürstenberg über seinen ersten Fonds La Famiglia investierte, wirkte Pollok als Business-Angel und verbrachte vor Amorelie zwei Jahre als VC-Investor im Silicon Valley.
Eventures-Manager Miele lobt denn auch besonders das Profil der beiden Fondsinitiatoren: „Robert Lacher und Sebastian Pollok sind ein tolles Beispiel dafür, wie man heute für Gründer attraktiv ist. Ihnen hilft ein starkes Netzwerk, eigene operative Erfahrung sowie eine nahbare Art und Weise.“
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