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23.10.2022

15:10

Nachruf

Mäzen und Marketing-Genie – Was Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz hinterlässt

Von: Daniel Imwinkelried

Der Österreicher ist im Alter von 78 Jahren verstorben. Ob sein Sohn nun das Unternehmen um den Energy-Drink übernehmen wird, ist unklar. Ein Nachruf.

Der Unternehmer erlag einer schweren Erkrankung. dpa

Dietrich Mateschitz

Der Unternehmer erlag einer schweren Erkrankung.

Wien Der österreichische Milliardär und Red-Bull-Inhaber Dietrich Mateschitz ist tot. „Wir wussten, dass er in einem sehr schweren gesundheitlichen Zustand war. Aber trotzdem, nachdem es nun eingetreten ist, ist es für uns alle unfassbar“, sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko am Samstag dem TV-Sender „Sky“. Andere Medien hatten berichtet, der 78-Jährige sei nach längerer Krankheit gestorben.

Der in der Steiermark geborene Unternehmer hatte sich rund um den Energydrink Red Bull ein globales Imperium aufgebaut. Er galt als reichster Mann Österreichs. Red Bull ist mit einem Wert von knapp 17 Milliarden Euro wertvollste Marke des Landes. Mateschitz‘ Vermögen wurde zuletzt auf etwa 25 Milliarden Euro geschätzt.

So unkonventionell war der Selfmademilliardär, dass er diese Eigenschaft gleichsam zum Geschäftsprinzip erhob. Das fing mit seinem Äußeren an. Krawatten mochte er nicht, meistens trug er Jeans und einen Dreitagebart.
Der Unternehmer fiel aber auch durch rechtspopulistische Äußerungen auf. Der firmeneigene Sender Servus TV wurde kritisiert, weil er Verschwörungstheoretikern und Querdenkern eine Plattform gegeben haben soll.

Nachruf

„Red Bull"-Inhaber Dietrich Mateschitz ist tot

Nachruf: „Red Bull"-Inhaber Dietrich Mateschitz ist tot

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Eigenwillig ist auch die Konstruktion seines Unternehmens. Eigentlich handelt es sich bei der Red Bull GmbH, bei der Mateschitz als Geschäftsführer fungierte, um ein reines Marketingunternehmen. Mateschitz dachte nie daran, den Energy-Drink selber zu produzieren. Dafür ist seit Beginn das Vorarlberger Unternehmen Rauch Fruchtsäfte zuständig. Dieses betreibt im Westen Österreichs und in der Ostschweiz Abfüllanlagen, von wo aus die Getränkedosen in die ganze Welt geschickt werden.

Die Red Bull GmbH ist eine verschlossene Firma, aus der kaum etwas nach außen dringt. Umso farbiger erscheint deren Gründungsgeschichte. Zu Beginn der 1980er-Jahre arbeitete Mateschitz als Marketingchef des Zahnpastaherstellers Blendax, der zum niederländischen Konsumgüterhersteller Unilever gehörte. In der Bar des Hongkonger Mandarin Oriental Hotels soll ihm in der „Newsweek“ eine Liste der größten Steuerzahler Japans aufgefallen sein.

Engagement im Profisport

Auf dem ersten Platz befand sich nicht etwa Toyota oder Honda, sondern der Hersteller eines Energy-Drinks. Offenbar war es möglich, mit solch einem Getränk hohe Margen zu erzielen. Mateschitz‘ Geschäftssinn war geweckt.
In Thailand unterhielt er eine Geschäftsbeziehung zur Industriellenfamilie Yoovidhya, die ebenfalls einen Energy-Drink namens „Krating Daeng“ („Roter Stier“) vertrieb. Im Jahr 1984 wurden die beiden Parteien handelseinig und gründeten ein Gemeinschaftsunternehmen, das bis heute als Red Bull GmbH existiert. An dieser Firma hielt Mateschitz bis heute die Minderheit von 49 Prozent, der Rest befindet sich im Besitz der Familie Yoovidhya.

Der Österreicher war der Formel 1 eng verbunden. imago/Laci Perenyi

Dietrich Mateschitz bei Red Bull Racing 2012 in Jerez

Der Österreicher war der Formel 1 eng verbunden.

Mateschitz tüftelte nach der Firmengründung noch fast drei Jahre am Produkt und an dessen Vermarktung. In jener Zeit entstand auch der mittlerweile weltberühmte Werbeslogan „Red Bull verleiht Flügel“, der einerseits Ironie ausdrückt, andererseits die Kernbotschaft des Produkts: Red Bull macht munter.

Am 1. April 1987 ging Red Bull in Österreich an den Start, fünf Jahre später kam mit Ungarn der erste Auslandsmarkt hinzu. Heute ist Red Bull eine globale Firma, ihr größter Markt sind die USA. Im vergangenen Jahr wurden 9,8 Milliarden Dosen Red Bull verkauft. Der Umsatz betrug 7,8 Milliarden Euro, der Reingewinn 1,1 Milliarden Euro.

Weil Red Bull keine Fabriken besitzt und den Vertrieb ausgelagert hat, bleibt umso mehr Geld für das Marketing übrig. Im Jahr 2021 wendete die Firma dafür 1,6 Milliarden Euro auf, rund 20 Prozent des Umsatzes. Ein Drittel des Marketingbudgets soll ins Sportsponsoring fließen, vor allem in den Motorsport.

Der Deutsche Sebastian Vettel gewann für Red Bull Racing zwischen 2010 und 2013 vier Weltmeistertitel. Spektakulär war ein weiterer PR-Coup: Im Jahr 2012 sprang Felix Baumgartner aus 39 Kilometer Höhe mit einem Fallschirm auf die Erde. Die Aktion hieß Red Bull Stratos.

Der Österreicher gehörte zu den Hauptfinanciers des deutschen Fußballklubs RB Leipzig. IMAGO/motivio

Mateschitz beim Fanfest in Leipzig

Der Österreicher gehörte zu den Hauptfinanciers des deutschen Fußballklubs RB Leipzig.

Mateschitz hat sich bei diesen Sportengagements nie als Mäzen verstanden, sondern als Sponsor. Sportklubs und große Events sollten stets dazu beitragen, den Absatz von Red Bull anzukurbeln.

Von Konzernstrukturen hat Mateschitz nie viel gehalten. Er hasse es, Berichte zu lesen, sagte er dem Magazin „Trend“. „Wenn überhaupt, überfliege ich nur kurze Zusammenfassungen. Bei uns läuft vieles mündlich ab, direkt, ohne viel hierarchische Barrikaden.“

Neben einem Sport- und Immobilienimperium hatte Mateschitz sich auch ein Medienreich geschaffen. „The Red Bulletin“ oder „Terra Mater“, TV-Sender wie „Servus TV“ und zahlreiche Onlineaktivitäten waren die perfekte Ergänzung zum Kerngeschäft: Es berichtete Red Bull über Red Bull.

Der Sender „Servus TV“ geriet aber besonders in der Corona-Pandemie immer wieder in der Kritik. Es gab den Vorwurf der Sender würde Rechtspopulisten und Corona-Leugnern eine Plattform geben.

Allerdings ist es schwierig, genau zwischen Red-Bulls- und Mateschitz‘ persönlichen Projekten zu unterscheiden. Der Unternehmer erwarb etwa Hotels im österreichischen Bundesland Steiermark, woher er stammt, und es gehört ihm die Fidschi-Insel Laucala. Mateschitz hatte eine Leidenschaft für edle Pferde der Rasse Trakehner. Und in Salzburg unterstützte er eine Klinik, die im Bereich Querschnittslähmung forscht.

Ob sein Sohn Mark, ein 29-jähriger Betriebswirt, die Leitung der Firma übernehmen wird, ist ungewiss. Laut „Standard“ ist er als Nachfolger aufgebaut worden.

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