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24.06.2022

14:15

Nutzfahrzeuge

Lkw von Daimler Truck sind ausverkauft – Kunden zahlen höhere Preise

Von: Franz Hubik

Der weltgrößte Lastwagenbauer erlebt eine ungebrochen hohe Nachfrage. Weder der Ukrainekrieg noch die Inflation trüben die Geschäfte – dank einer Sondersituation.

Der weltgrößte Lkw-Hersteller ist seit 2021 unabhängig vom früheren Mutterkonzern Daimler. dpa

Fertigung bei Daimler Truck

Der weltgrößte Lkw-Hersteller ist seit 2021 unabhängig vom früheren Mutterkonzern Daimler.

München Wer wissen will, wie es um die Weltwirtschaft steht, kann in den Verkaufszahlen für Lastwagen viel erkennen. Denn wenig lässt sich bei einem drohenden Abschwung leichter einsparen als geplante Ausgaben in Investitionsgüter wie Sattelschlepper.

Dieser Logik folgend müssten die Bestellungen für tonnenschwere Nutzfahrzeuge angesichts des Kriegs in der Ukraine, der hohen Inflation, steigender Zinsen und anhaltender Einschränkungen durch die Coronapandemie eigentlich einbrechen.

Aber: Das Gegenteil ist der Fall, zumindest wenn man Daimler Truck glaubt.

„Wir beobachten keine Stornierungen“, betont Martin Daum, Vorstandschef von Daimler Truck, im Zuge der virtuellen Hauptversammlung des Dax-Konzerns laut Redetext. Der 62-jährige Manager sieht den weltgrößten Hersteller von schweren Lkw und Bussen vielmehr in einer „Ausnahmesituation, mit der wir einen mäßigen Konjunkturrückgang abfedern können“.

Der Grund: Viele Spediteure warten schon seit Monaten sehnsüchtig auf neue Fahrzeuge. Wegen fehlender Halbleiter konnten Anbieter wie Daimler Truck im vergangenen Jahr weit weniger Sattelschlepper ausliefern, als nachgefragt wurden. Viele Kunden der Schwaben seien mit der Flottenerneuerung mittlerweile „so weit in Rückstand, dass sie nun dringend neue Lkw brauchen und Neuanschaffungen nicht weiter aufschieben können“, erklärt Daum. Daimler Truck kann sich vor Aufträgen kaum retten.

Daimler Truck: Preisaufschläge von mehr als zehn Prozent

Die Produktion für dieses Jahr ist restlos ausverkauft. „Und selbst wenn Bestellungen teilweise storniert werden sollten, würde das doch nur dazu führen, dass wir von einer Überhitzung in einen Normalzustand übergehen würden“, konstatiert Daum. „Wir sind für das laufende Jahr deshalb aus guten Gründen weiter zuversichtlich.“

Nahezu nichts scheint derzeit die Geschäfte von Daimler Truck bremsen zu können. Der Konzern hat zuletzt sogar seine Preise in Europa und Nordamerika um mehr als zehn Prozent erhöht. Die meisten Kunden schlucken diesen Aufschlag ohne großes Murren. Sie sind froh, wenn sie überhaupt ein Fahrzeug erhalten.

Der Daimler-Truck-CEO kann volle Auftragsbücher präsentieren. dpa

Martin Daum

Der Daimler-Truck-CEO kann volle Auftragsbücher präsentieren.

Immerhin: Nach einem eher schwierigen ersten Quartal verbessert sich die Chipversorgung langsam. „Unsere zentralen Kennzahlen sehen wir im Gesamtjahr deshalb durchweg deutlich im Plus“, bekundet Daum. Konkret strebt Daimler Truck für 2022 einen Absatz von mehr als 500.000 Fahrzeugen an. Der Umsatz soll von 40 auf bis zu 50 Milliarden Euro steigen, und auch der Betriebsgewinn soll signifikant zulegen.

Die Aktionäre sind von der Entwicklung des Unternehmens durchaus angetan. Im Vorfeld der Hauptversammlung wurde kein einziger Gegenantrag eingereicht. Neun von zehn Analysten empfehlen die Aktie des Konzerns derzeit zum Kauf. Das Papier der Schwaben notierte zuletzt leicht unter dem Ausgabekurs von 28 Euro nach dem Börsengang im Dezember 2021.

Daimler Truck war mehr als hundert Jahre lang eine Art „Second Business“ des Autobauers Mercedes-Benz. Im vergangenen Jahr wurde das Lkw-Geschäft aber von dem dominanten Pkw-Bereich abgespalten. Seither agiert Daimler Truck als eigenständiges Unternehmen. Mercedes hält zwar noch 30 Prozent der Anteile an der Firma, hat operativ aber keinen Einfluss mehr.

„Daimler Truck hat in diesen ersten Monaten der Unabhängigkeit viel bewegt und viel gelernt“, erklärt Joe Kaeser, Aufsichtsratsvorsitzender von Daimler Truck. Wer mutig und konsequent vorangehe, könne große Veränderungen erreichen und Positives bewirken, meint der ehemalige Siemens-Chef. Zugleich vollziehe sich gerade der vermutlich größte Umbau aller Zeiten in der Transportindustrie.

Lkw-Konkurrenz schafft höhere Margen

Tatsächlich dürfte die Antriebswende bei Nutzfahrzeugen – weg vom dominanten Dieselmotor, hin zur Batterie und der wasserstoffbasierten Brennstoffzelle – in den kommenden Jahren zu einer signifikanten Reduktion der aktuell mehr als 100.000 Arbeitsplätze weltweit führen.

Schon jetzt versucht der Konzern, eisern zu sparen, um seine Renditeziele zu erreichen und die Lücke zur Konkurrenz zu schließen. Wichtige Wettbewerber wie Volvo Trucks oder Paccar wirtschaften seit Jahrzehnten deutlich profitabler als Daimler Truck. Auch zuletzt lag die Marge der Rivalen doppelt so hoch wie jene der Schwaben.

Das soll sich nun schrittweise ändern. So strebt der Konzern an, die bereinigte Umsatzrendite von 5,9 Prozent im ersten Quartal auf sieben bis neun Prozent im Gesamtjahr anzuheben. In drei Jahren soll die Marge im Industriegeschäft dann zweistellig sein und dauerhaft auf diesem Niveau bleiben. Die Vorzeichen dafür stehen gut.

Erstpublikation: 22.06.22, 10:32 Uhr.

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