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01.09.2022

11:34

Tarifstreit

Streik der Lufthansa-Piloten: Das müssen Flugreisende jetzt wissen

Nach dem Bodenpersonal treten jetzt die Piloten bei der Lufthansa in den Ausstand. Was ein Streik der Flugkapitäne bedeutet – und welche Rechte Sie als Fluggast haben.

Pilotenstreik: Lufthansa drohen neue Einbußen Reuters

Lufthansa-Flugzeuge

Auch die Piloten der Lufthansa drohen mit einem Streik.

Düsseldorf Im Tarifkonflikt mit der Lufthansa wollen die Piloten am Freitag streiken. Der Arbeitgeber habe in dieser Woche kein verbessertes Angebot vorgelegt, sodass die Verhandlungen gescheitert seien, erklärte die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) am Mittwoch. „Daher bleibt uns nur, mit einem Arbeitskampf unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.“

Bestreikt werden sollen von Deutschland abgehende Flüge der Lufthansa. Der Ausstand dürfte zu massiven Flugausfällen führen und die Reisepläne Tausender Passagiere durchkreuzen. Im Sommer strich die Lufthansa Tausende Flüge wegen Personalmangels an Flughäfen und bei der Airline selbst. Schon das sorgte für Verdruss bei den Kunden.

Bei einem Tag Vorlauf am Donnerstag könnte das Lufthansa-Management auf den Streikaufruf, der von den gut organisierten Piloten weitgehend befolgt werden dürfte, noch reagieren. „Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen“, erklärte VC-Tarifvorstand Marcel Gröls.

Warum die Lufthansa-Kapitäne streiken wollen und was Ihre Rechte als Fluggast sind, wenn es zu Verspätungen und Ausfällen kommt: die wichtigsten Fragen zum kommenden Warnstreik.

Wann wollen die Lufthansa-Piloten streiken?

Die Vereinigung Cockpit hat die Piloten für Freitag, den 2. September, von 00.01 Uhr bis 23.59 Uhr zum Streik aufgerufen. Betroffen sind die Passagier-Airline Lufthansa und der Frachtlinie Lufthansa Cargo. Die Gesellschaften Eurowings und Eurowings Discover sind von dem Streikaufruf nicht betroffen und sollen planmäßig fliegen. Auch Lufthansa-Flüge von nicht-deutschen Startpunkten finden statt, sofern Flugzeuge und Crews bereits im Ausland sind.

Wieso wollen die Lufthansa-Piloten streiken?

Offizieller Anlass des Arbeitskampfes sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Auch eine Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen und ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche hatten keinen Durchbruch gebracht. Zuletzt waren an diesem Mittwoch Gespräche ergebnislos geblieben.

Die Lufthansa habe den Termin nicht für ein verbessertes Angebot genutzt, erklärte die VC. Sie verlangt für die rund 5000 Kapitäne und Ersten Offiziere Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr.

Durch die VC-Forderungen würden die Cockpit-Personalkosten innerhalb der kommenden zwei Jahre in Summe um mehr als 40 Prozent steigen, erklärte die Lufthansa. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. „Die Arbeitgeberseite hat ein sehr gutes und sozial ausgewogenes Angebot gemacht – trotz der nachwirkenden Lasten der Coronakrise und unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft“, sagte Lufthansa-Personalvorstand und -Arbeitsdirektor Michael Niggemann laut einer Mitteilung. Diese Eskalation gehe zu Lasten vieler Tausend Kundinnen und Kunden.

Zudem schwelt im Hintergrund ein Streit über die künftige Konzernstrategie. Lufthansa plant, eine neue Airline mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Bislang hatte sich die VC die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen. Diese dürfen ausschließlich von den rund 5000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden, die dem Konzerntarifvertrag unterliegen.

Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Coronakrise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb (AOC) mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline mit der internen Bezeichnung „Cityline 2“ soll im Europa-Verkehr zahlreiche Flüge der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.

Wie lange streiken die Lufthansa-Piloten?

Der Streik dauert zunächst einen Tag. Auch am Donnerstag sowie am Samstag und Sonntag könne es zu Flugausfällen kommen, warnte die Lufthansa

Welche Lufthansa-Flüge werden bestreikt?

Die Lufthansa streicht wegen des angekündigten Pilotenstreiks am Freitag nahezu ihr komplettes Programm. Es fallen an den Drehkreuzen München und Frankfurt rund 800 Flüge mit voraussichtlich 130.000 betroffenen Passagieren aus, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Fluggäste würden gebeten, sich über www.lufthansa.com fortlaufend zu informieren.

Erst im Juli hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Airline für einen ganzen Tag nahezu lahmgelegt. Es fielen über 1000 Flüge aus, und rund 134.000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern. In der anschließenden Verhandlungsrunde erreichte die Gewerkschaft für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten Gehaltssteigerungen, die insbesondere in den unteren Lohngruppen deutlich zweistellig ausfielen.

Was sind meine Fluggastrechte bei Streik?

Flugreisende haben bei Annullierungen oder Verspätungen aufgrund eines Streiks grundsätzlich Anspruch auf eine alternative Beförderung, so regelt es die europäische Fluggastrechteverordnung. Das kann entweder ein Ersatzflug oder auch ein Bahnticket sein. Kann die Airline keine Alternative anbieten, muss sie den Flugpreis erstatten. Zusätzlich können Reisende Verpflegung und, wenn nötig, Unterbringung geltend machen.

Auch Entschädigungszahlungen stehen den Fluggästen zu, heißt es bei der Verbraucherzentrale. Eine Fluggesellschaft kann sich nur entlasten, wenn sie rechtzeitig informiert hat – oder aufgrund „außergewöhnlicher Umstände“. Dazu zähle aber nicht der Streik des eigenen Personals, erklärt die Verbraucherzentrale und verweist auf die aktuelle Rechtsprechung.

Erstpublikation: 08.08.2022, 15:11 Uhr, (zuletzt aktualisiert: 01.09.22, 08:47 Uhr).

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